Mit einem „Demokratiemarsch gegen den Putsch” will die Demokratische Partei der Völker (HDP) ab dem heutigen Tag, dem 15. Juni, ihren demokratischen Aufbruch gegen den autoritären Regierungskurs in der Türkei einleiten. Die Startpunkte des Marsches Edirne, die westlichste Großstadt der Türkei, wo auch der frühere Ko-Vorsitzende Selahattin Demirtaş inhaftiert ist und der südöstlichsten Stadt Colemêrg (türk . Hakkari) in der Nähe des Dreiländerecks Türkei-Irak-Iran. Ziel der beiden Demonstrationszüge soll nach einem fünftägigen Marsch mit Zwischenhalten in verschiedenen Städten am 20. Juni die Hauptstadt Ankara sein. Das Motto des Protestzuges ist „Demokratiemarsch gegen den politischen Putsch“, unter welchem die HDP die Absetzung ihrer gewählten Bürgermeisteren und Abgeordneten versteht. Der HDP-Abgeordnete Tayyip Temel erklärte zu dem Marsch auf Ankara, dass es bei der Aktion nicht nur um den Mandatsentzug von Abgeordneten geht, sondern vielmehr um eine Initiative, um den grundsätzlichen Machtmissbrauch der Regierungspartei AKP zu stoppen.
Sternmarsch als Teil des demokratischen Aufbruchs
Die HDP hatte bereits Anfang Juni ihre Roadmap für demokratischen Aufbruch vorgelegt. In einem Neun-Punkte-Plan ruft die HDP gesellschaftliche Interessengruppen dazu auf, die gemeinsamen Kräfte zu bündeln. Die Türkei schlittere in die wohl größte Krise ihrer jüngeren Geschichte: „Tiefe soziale, politische und wirtschaftliche Spannungen, die das ganze Land fest im Griff haben, werden durch die Corona-Pandemie weiter verschärft. Die Politik der Erdoğan-Regierung führt nur zu einer weiteren Destabilisierung und der Zunahme von Armut, Arbeitslosigkeit und Unterdrückung der Bevölkerung.“ Um eine demokratische Entwicklung der Türkei nachhaltig zu fördern, bedarf es eines neuen demokratiepolitischen Ansatzes, so die HDP. Die Zusammenkünfte mit gesellschaftlichen Interessengruppen und Aktivitäten wie Massenproteste und Aktionen des zivilen Ungehorsams sollen als Teil eines demokratischen Aufbruchs auch nach dem Sternmarsch auf Ankara bis zum Weltfriedentag am 1. September fortgeführt werden.
Türkische Regierung will den Marsch unterbinden
Unterdessen hat das türkische Innenministerium eine Anordnung erlassen, auf deren Basis mehrere Provinzen abgeriegelt und alle öffentlichen Veranstaltungen verboten worden sind. Damit soll der Demokratiemarsch der HDP verboten werden. So hat der Gouverneur der Provinz Edirne, dem westlichen Startpunkt des Marsches, kurzfristig eine Einreisesperre erlassen, um den Protest zu sabotieren. Auch weitere Städte wie Wan (Van) und Tekirdağ, durch welche die beiden Demonstrationszüge führen sollen, wurden bereits öffentliche Versammlungsverbote verhängt, die mit der Corona-Pandemie begründet werden.