Eine Packung Nudeln, ein Bekenntnis und einige Verprellte – Formeln zur Präsidentschaftswahl in der Türkei

cumhurbaskani-adaylariVon Errol Babacan*, 26.07.2014

Präsidialsystem versus De-Zentralisierung der politischen Verwaltung, Islamisierung versus säkulare Gleichstellungspolitik. So könnten die Gegenpole, für die die Kandidaten der anstehenden Wahlen stehen, umschrieben werden.

Am 10. August findet die erste Runde der Präsidentschaftswahlen in der Türkei statt. Drei Kandidaten treten zur Wahl an. Wenn keiner der Kandidaten die absolute Stimmenmehrheit erringt, kommt es zu einer Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmanteilen. Der Vorsitzende der AKP und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat die besten Aussichten, erneut als Gewinner aus einer Wahl hervorzugehen. Ihm steht Ekmeleddin Ihsanoglu gegenüber, der gemeinsame Kandidat der Oppositionsparteien MHP/CHP und …

Schwarze Fahne – der Kampf gegen ISIS

rojava_flaggeAnja Flach, Ethnologin, Rojava-Delegation der Kampagne TATORT Kurdistan*

Im Juli 2012 übernahmen kurdische Organisationen unblutig die Kontrolle in Städten und Dörfern in Rojava, im kurdischen Norden Syriens, entlang der Grenze zum kurdischen Gebiet der Türkei.

»Wo Syrien schon frei und demokratisch ist«, titelte jüngst sogar die Tageszeitung Die Welt ((www.welt.de/politik/ausland/article128652793/Wo-Syrien-schon-frei-und-demokratisch-ist.html)) und beschrieb die Basisorganisierung in Rojava in leuchtenden Farben. Auch wir als Delegation, die Rojava im Mai besuchten, können dies bestätigen: Gäbe es nicht das Embargo von Seiten der Türkei und Südkurdistans auf der einen Seite und die islamistischen Banden auf der anderen Seite, könnte Rojava eine Insel des Friedens …

Einige Worte zum Israel-Palästina Konflikt

israel-palästinavon Civaka Azad, 21.07.2014

Die Arbeiten unseres Zentrums konzentrieren sich zwar in erster Linie auf die Entwicklungen in den verschiedenen Teilen Kurdistans, doch dieser Tage sind wir auch oft mit unseren Gedanken bei einem anderen brennenden Konflikt im Nahen Osten, dem Israel-Palästina Konflikt.

Wir maßen uns an dieser Stelle keine tiefgehende Analyse des Konflikts an. Da gibt es sicherlich Expertinnen und Experten, die das besser können als wir.

Dennoch erschüttert es uns doch sehr, dass durch die erneute Eskalation des Konflikts in den letzten zwei Wochen mehr als 500 Menschen gestorben sind, und  kein wirklich wahrnehmbarer öffentlicher Diskurs über eine …

Kobanê weiterhin in der Umzinglung des „Islamischen Staates“

civaka azadPressemitteilung von Civaka Azad, 18.07.2014

Die Angriffe der Organisation “Islamischer Staat” (IS, auch ISIS) auf Rojava halten seit mittlerweile mehr als zwei Wochen an. Gegenwärtig haben die Islamisten die Region Kobanê von drei Seiten umzingelt. Sie greifen im Westen von Dscharābulus, im Süden von Şirrīn und im Osten von Girê Spî (Tall Abyad) aus an. Immer wieder erreichen uns auch Meldungen, dass Kämpfer der IS Kobanê vom Norden aus angreifen und hierbei ohne Probleme die türkisch-syrische Grenze überqueren können. Bislang können die Verteidigungskräfte der YPG  (Volksverteidigungseinheiten) und der YPJ (Frauenverteidigungseinheiten) die Angriffe der ISIS erfolgreich abwehren. Bei den Gefechten mit …

Die Rojava Linie ist auch ein Schutz der Türkei

fehim-tastekinFehim Tastekin*, Journalist und außenpolitischer Redakteur bei Radikal, 09.07.2014

Rojava liegt innerhalb der Grenzen des von der ISIS als Kalifat genannten „Islamischen Staates“. ISIS betrachtet Rojava, das in Syrien den heftigsten Widerstand leistet, als Hindernis für das Kalifat. (…)

Ich nehme an, dass niemand der Einnahme der 200.000 Einwohner-Stadt Rakka in Syrien durch die ISIS (Islamischer Staat im Irak und in (Groß-)Syrien) einen Wert beimisst. Viele mögen darüber auch die Nase gerümpft haben. Aber das auf den ersten Blick unwichtig erscheinende Rakka stellt für die ISIS nicht nur den Übungsplatz für ihre „Scharia-Verwaltung“ dar, sondern hat darüber hinaus an strategischem …

Einheit in der Vielfalt für den Mittleren Osten

nilüfer_kocNilüfer Koç, Kovorsitzende des Nationalkongresses Kurdistans (KNK)

Es vergeht kein Tag, an dem nicht die uralten Konflikte im Mittleren Osten aufbrechen. Wie zuletzt am Beispiel der Übernahme der mehrheitlich von sunnitischen Arabern bewohnten 1,8-Millionen-Stadt Mûsil (Mossul) durch ISIS (Islamischer Staat im Irak und der Levante). Mûsil ist die zweitgrößte Stadt Iraks nach Bagdad. Bei den jüngsten militärischen Invasionskämpfen geht es um den 1400-jährigen Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten. ISIS ist eine radikal-sunnitische Gruppe, die im Irak gegründet wurde und für die Herrschaft der Sunniten kämpft.

Nach dem Sturz Saddam Husseins 2003 wurde im Irak eine politische Konstellation aus Schiiten, Sunniten …

Angriffe auf Rojava erneut entflammt

civaka azad

Pressemitteilung von Civaka Azad, 07.07.2014

Nachdem die Islamisten der ISIS Mosul und weitere Orte im Irak eingenommen und anschließend das Kalifat aufgerufen haben, haben sie nun erneut eine Angriffswelle auf die Demokratisch-Autonome Verwaltung von Rojava aufgenommen.

Die erneuten Angriffe der islamistischen Gruppe ISIS, die sich seit neustem nur noch Islamischer Staat (IS) nennt, auf Rojava haben am 2. Juli ihren Anfang genommen. Erneut ist das Ziel der Kanton Kobanê. Die erste Angriffswelle auf Kobanê wurde von den Kräfte der YPG (Volksverteidigungseinheiten) und YPJ (Frauenverteidigungseinheiten) im Frühjahr dieses Jahres, also noch bevor ISIS zum Großangriff auf Mosul angesetzt hatte, erfolgreich zurückgeschlagen. …

Zerbricht die Ordnung im Mittleren Osten?

Mitleren OstenÜber vordergründig widerstreitende und objektiv gemeinsame Interessen
Dr. Haluk Gerger, 19.06.2014

Die Fragen, die sich uns stellen, lauten: Bricht die Ordnung im Mittleren Osten zusammen? Erleben wir derzeit die Begleiterscheinungen eines »Zusammenbruchs der Ordnung«? Falls die Ordnung zusammenbricht, wird in der Region eine neue Ordnung geboren?

Um diese Fragen beantworten zu können, muss zunächst die »Ordnung des Mittleren Ostens« definiert werden. In der gängigen Literatur lautet die Kurzbezeichnung die »Sykes-Picot-Ordnung« oder »-Anordnung«. Während des Ersten Weltkriegs knüpften die gegen die Osmanen aufbegehrende arabische Unabhängigkeitsbewegung und die gegen die Osmanen kämpfenden Kräfte, also England und Frankreich, Kontakte miteinander. Die »Abmachung« zwischen …

Wir werden die Demokratische Autonomie in Kurdistan aufbauen und die Türkei demokratisieren …

Logo der HDPDer zweite Parteikongress der Demokratischen Partei der Völker (HDP)
Mako Qoçgirî, Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V., 25. Juni 2014

Die Türkei durchlebt derzeit eine höchst brisante Zeit. Einerseits halten im Inland die Proteste gegen die geplanten Militärstützpunkte in Nordkurdistan weiter an. Andererseits finden in den südlichen Nachbarstaaten, sprich im Irak und in Syrien, bedeutende Entwicklungen statt, die ohne Frage große Rückwirkungen auf die Politik in der Türkei haben werden. In genau diese wichtige Phase fiel der zweite Parteikongress der Demokratischen Partei der Völker, kurz HDP. Am 22. Juni kamen in Ankara mehr als tausend Delegierte der Partei …

Syrien: Die kurdische Initiative für einen demokratischen Wandel auf der Grundlage von Einheit und Vielfalt

SyrienKurdische Initiative für Demokratie in Syrien, 8. Mai 2014

Mit dem folgenden Grundsatzpapier traten am 8. Mai die Demokratische Partei Syrien, die Partei der Demokratischen Einheit, die Linke Demokratische Partei, die Kommunistische Partei Kurdistan, die Liberale Einheitspartei, die Grüne Partei Kurdistan, die Friedens- und Demokratie-Partei der Syrischen KurdInnen und die Bewegung für eine Demokratische Gesellschaft in Qamislo (Al-Qamishli) auf einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit. Es gilt als Grundlage für Gespräche über die Zukunft Syriens mit den oppositionellen Gruppen, die sich nicht an der syrischen Bevölkerung vergangen haben.

Bisher wurden Gespräche geführt in Rojava u. a. mit dem Kurdischen Nationalrat von …

Mittlerer Osten aus friedenspolitischer Sicht und Perspektiven der Friedensbewegung

andreas_buroSucht man nach friedenspolitischen Ansätzen, muss man sich auf die Ursachen für die Außeneinmischungen in diesen Konflikt konzentrieren
Prof. Dr. Andreas Buro, 09.04.2014

Die kurdische Frage rückt immer mehr in einen internationalen Zusammenhang des Kampfes um Machtverteilung in einer sich globalisierenden Welt. Das Zentrum dieses Kampfes scheint gegenwärtig in Syrien zu liegen, reicht aber weit darüber hinaus.

Syrien ist heute das Schlachtfeld für Konflikte, die gegenüber den Wünschen der syrischen Bevölkerung nach Frieden, Freiheit, Demokratie und Anerkennung von Minderheiten völlig rücksichtslos sind. Saudi-Arabien und Katar fördern trotz unterschiedlicher Adressaten sunnitische Milizen, die Al-Qaida nahestehen. Sie wollen aus Syrien einen sunnitisch-islamistischen …

Den Wunsch des Volkes nach einem demokratischen, pluralistischen und säkularen Syrien verwirklichen

bessam ishakInterview mit Bassam Ishak, Präsident des Assyrischen Nationalrats von Syrien
Das Gespräch führte Michael Knapp, 04.06.2014

(…) Aber das ist ein Spiel mit dem Feuer. Es ist also nicht mehr die Agenda des Volkes in Syrien, die hier eine Rolle spielt, sondern andere Akteure kämpfen auf dem Rücken dieses Volkes. Deshalb glaube ich, dass sie – zumindest nicht öffentlich – die Revolution in Rojava nicht unterstützen. Denn sie wollen kein demokratisches, säkulares Syrien, sondern einen Krieg entlang religiöser Gegensätze. Andererseits sind Nachbarländer von Rojava möglicherweise auch wegen dessen Modell besorgt. Denn es ist kein nationalistisches oder zentralistisches Modell, es geht …

Wir werden eine auf Prinzipien fußende Politik verfolgen …

Sırrı Süreye Önder und Abdullah ÖcalanInterview mit dem HDP-Abgeordneten Sirri Süreyya Önder über seinen Besuch auf Imrali
Günay Aksoy und Zana Kaya, Özgür Gündem, 04.06.2014

In einem Interview mit der Tageszeitung Özgür Gündem vom 4. Juni 2014 spricht der Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) Sirri Süreyya Önder über die Vorschläge des inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan für die weitere Entwicklung im [Friedens-]Prozess, dessen Bewertungen hinsichtlich der anstehenden Präsidentschaftswahl in der Türkei sowie Öcalans Aufruf, revolutionäre ökonomische Modelle zu entwickeln. Wir geben das Interview leicht gekürzt wieder:

Über den Friedensprozess herrschte in der Öffentlichkeit die Ansicht vor, er sei in Kurdistan ins Stocken geraten und

Die Demokratisierung des Iran ist unabdingbar

Über die sich ändernden Kräfteverhältnisse in Iran und Ostkurdistanrojhilat
Adem Uzun, 06.06.2014

Das Staatssystem des Iran wird von seinen eigenen Volksgruppen, insbesondere den hier lebenden Kurdinnen und Kurden infrage gestellt, ebenso werden die Konzepte der kapitalistischen Moderne als ein überholtes Modell wahrgenommen. Der Iran, mit seiner langen Geschichte und Staatstradition, wurde im 20. Jh. von westlichen Staaten entsprechend ihren Interessen politisch umstrukturiert. Das seitdem geschaffene Gefüge mit dem Westen ist mit der islamischen Revolution von 1979 ein wenig ins Wanken geraten. Die Beziehungen und Dialoge der neuen Islamischen Republik mit westlichen Staaten, allen voran den USA und Israel, waren von …