AZADÎ e.V. verbucht Teilerfolg gegen Verfassungsschutz

Am Donnerstag, dem 26. September 2019, fand die mündliche Verhandlung der Klage des Rechtshilfefonds AZADÎ gegen das Bundesinnenministerium bzw. das Bundesamt für Verfassungsschutz vor dem Verwaltungsgericht in Berlin-Moabit, Kirchstr. 7, statt. In dem an die Verhandlung anschießenden Urteil konnte AZADÎ einen Teilerfolg verbuchen. Dem Bundesinnenministerium wird untersagt, die Verfassungsschutzberichte von 2015 bis 2018 in der jetzigen Form in gedruckter oder digitaler Form weiterzuverbreiten, insofern dort weiter die Behauptung aufgestellt wird, AZADÎ e.V. finanziere Abonnements PKK-naher Zeitschriften für im Zusammenhang mit dem PKK-Verbot in Deutschland inhaftierte Gefangene.

Im Wesentlichen wurde die Klage von AZADÎ jedoch abgewiesen und die Auflistung in den Verfassungsschutzberichten 2015 – 2018 für rechtmäßig befunden. AZADÎ behält sich nach Zusendung der schriftlichen Urteilsbegründung weitere Schritte vor.

Hintergrund

Erstmalig im VS-Bericht 2015 und seitdem fortlaufend wird AZADÎ e.V. unter der Rubrik „Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern (ohne Islamismus)“ erwähnt und in der Rubrik „Überblick mit Strukturdaten zu wichtigen Beobachtungsobjekten“ als der „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK)“ zugehörige Organisation stigmatisiert. Begründet wird die Listung damit, dass AZADÎ e.V. Personen unterstützt, die aufgrund ihrer Tätigkeit für die PKK in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden. Die Unterstützung erfolge, indem ganz oder teilweise Anwalts- und Prozesskosten für Personen übernommen würden, denen etwa Verstöße gegen das seit 1993 bestehende PKK-Verbot nach dem Vereinsrecht vorgeworfen werden. Zudem moniert der VS, dass AZADÎ e.V. Untersuchungs- oder Strafgefangene, die in der Regel aufgrund des Vorwurfes einer Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§129b StGB) in Haft sitzen, mit monatlichen Geldbeträgen oder Zeitungsabonnements unterstütze. Ferner bestünden enge Verbindungen zu PKK-nahen Organisationen sowie zur linksextremistischen Gefangenenhilfsorganisation „Rote Hilfe e.V“.

Da AZADÎ e.V. die Gründe für die Listung im VS-Bericht, mit der auch immer politische Stigmatisierung und steuerrechtliche Konsequenzen verbunden sind, für haltlos erachtet, hatte der Verein dagegen im Juni 2015 Klage vor dem Verwaltungsgericht in Berlin eingereicht. Der Verein klagte darauf, dass seine Nennung in den Berichten rechtswidrig ist und forderte, deren Verbreitung zu unterbinden, sofern AZADÎ e.V. dort Erwähnung findet. Unabhängig davon klagt AZADÎ e.V. als Verein deutschen Rechts gegen die Platzierung im Bericht unter „Ausländerextremismus“.

AZADÎ e.V. legt Wert darauf, weder ein „kurdischer Verein“ noch Teil einer wie auch immer gearteten „PKK-Struktur“ zu sein. Vielmehr ist es das Bestreben des Vereins, in Zusammenarbeit mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen auf die negativen Auswirkungen des politisch motivierten PKK-Verbots in Deutschland hinzuweisen und in Einzelfällen den von dem Verbot Betroffenen materielle Unterstützung zu leisten, wenn diese beispielsweise auf Demonstrationen die Symbole der kurdisch-syrischen Volks- und Frauenverteidigungskräfte YPG und YPJ zeigen. In diesem Zusammenhang legt AZADÎ e.V. auch Wert auf die Feststellung, dass den in Untersuchungs- oder Strafhaft wegen des Vorwurfes nach §129b StGB befindlichen Personen keine individuelle Straftaten vorgeworfen werden. Vielmehr stehen legale politische Tätigkeiten wie die Organisierung von Veranstaltungen oder allgemeine Vereinstätigkeiten im Zentrum der Anklagen.