Gemeinsame Erklärung zu den beendeten Hungerstreiks in der Türkei, 20.04.2017
Die humanitären Bedingungen in den türkischen Gefängnissen haben sich verschlechtert und die Repressionen gegenüber den Gefangenen wurden mit der Begründung des Ausnahmezustandes verschärft. Diese Entwicklung lässt sich den Berichten unserer Institutionen über die türkischen Gefängnisse entnehmen. Am 15. Februar 2017 hat eine Gruppe von Gefangenen einen unbefristeten Hungerstreik begonnen. Die Forderungen der Hungerstreikenden können wie folgt zusammengefasst werden: Verbesserung der Haftbedingungen, Beendigung der anhaltenden Festnahmen und Verhaftungen aufgrund von Meinungsäußerung und politischer Arbeit, Beendigung der militärischen und politischen Repressionen gegenüber der Bevölkerung und Beendigung der Isolationshaft gegenüber Abdullah Öcalan.
Am 19. April 2017 haben die Gefangene erklärt, dass sie ihren unbefristeten Hungerstreik, der am 15 Februar 2017 im T2- und T3-Gefängniss in İzmir Aliağa Şakran begonnen wurde, beendet haben. Die Hauptforderungen der Hungerstreikenden waren die Einstellung der Repression in den Gefängnissen und die Verbesserungen Haftbedingungen. Wir können die Bedingungen in den Gefängnissen sowohl nach eigenen Untersuchungen in den Gefängnissen als auch nach Aussagen der Hungerstreikenden wie folgt auflisten:
Nach dem gescheiterten Militärputsch wurden 45.000 Menschen vor allem unter dem Vorwurf der Beteiligung am Militärputsch und Mitgliedschaft in der Fetullah-Gülen-Organisation festgenommen. Aufgrund des Drucks der Justiz wurden mehr als 10.000 Oppositionelle, allen voran kurdische Oppositionelle, verhaftet. Die Festnahmen und Verhaftungen halten ungebrochen an. Das führt dazu, dass die Gefängnisse überfüllt sind und dort ein menschenwürdiges Leben nicht mehr möglich ist. Nach Angaben des türkischen Justizministeriums vom 1. November 2016 befanden sich 197.297 Menschen im Gefängnis, aber wir vermuten, dass es mehr als 210.000 Gefangenen gibt. Die verdeckte OHAL- Amnestie von kriminellen Inhaftierten hat das Problem der überfüllten Gefängnisse auch nicht gelöst.
Die Erklärung des Ausnahmezustandes sowie die daraufhin erlassenen Gesetzesdekrete führten zu Einschränkungen der vorhandenen gesetzlichen Rechte, woraus ebenfalls schwerwiegende Menschenrechtsprobleme resultierten. Die Praxis der Isolation in den Gefängnissen, willkürliche Behandlung jeglicher Art, Folter und Misshandlungen, Gefangenenverlegungen, willkürliche Disziplinarstrafen, Verhinderung der medizinischen Behandlung von kranken Gefangenen sowie die Nichtentlassung von schwerkranken Gefangenen aus dem Gefängnis sind nur einige der vielen Probleme.
Es unterliegt der Verantwortung des Justizministerium,s die trotzt Beendigung der Hungerstreiks noch immer anhaltenden oben genannten negativen Bedingungen zu beheben. Gemäß den internationalen Konventionen bezüglich den Grundrechte und Freiheiten, allen voran die strafrechtlichen Vorschriften sowie der UN-Charta und Empfehlungen bezüglich der Gefangenenrechte müssen diese negativen Bedingungen schnellstmöglich behoben werden.
Unsere Institutionen werden auch in Zukunft ein Augenmerkauf die Rechte von Gefangenen haben und die Arbeiten noch effektiver fortsetzen, damit diese negativen Bedingungen behoben werden.
Es ist notwendig, dass die medizinische Versorgung der hungerstreikenden Gefangenen nach der Beendung ihres Hungerstreiks nach den Grundsätzen der Türkischen Ärztekammer (TTB) ferfolgen.
Die Behandlung und orale sowie intravenöse (parenterale) Ernährung nach dem Hungerstreik sollten nach den Behandlungsprotokollen (Anweisungen) der medizinischen Kammer des türkischen Ärztekammer, die an die Gefängnisärzte gesendet wurden, vollzogen werden, damit die medizinischen Probleme, welche durch falsche Ernährung und Behandlung nach einem Hungerstreik entstehen, minimiert werden. Das gesamte medizinische Personal, das nach der Beendigung des Hungerstreiks für die Ernährung und Behandlung der Gefangenen zuständig ist, kann und soll die Behandlunsgempfehlungen unter der unten angegebenen Webseite einsehen.
Es ist von großer Bedeutung, dass die Gefängnisbehörden in Zusammenarbeit mit den Gefängnisärzten die notwendigen Nahrungsmittel zur Verfügung stellen, damit die Ernährung und Behandlung gemäß den Behandlungsempfehlungen vorgenommen werden kann.
Gleichzeitig ist es wichtig, dass das Justizministeriums den Dialog mit der Türkischen Ärztekammer sucht und eine medizinischen Kontrolle durch unabhängige Ärzte in den Gefängnissen zulässt.
Wir verurteilen die antidemokratische Haltung der Regierung, die all unsere Dialogaufrufe während des Hungerstreiks ignoriert hat. Bei den Gesprächen von Abgeordneten oder Vertretern unseres Vereins mit dem Justizministerium wurde unsere Aufforderung zum Dialog nicht positiv aufgegriffen und somit die Lösung des Problems vertagt. Diese Haltung unterschied sich von der Haltung des Justizministeriums bei den vorherigen Hungersteiks.
Zusammenfassend können wir sagen: Die negativen Bedingungen, die zum unbefristeten Hungerstreiks geführt haben, halten weiterhin an. Wir werden weiterhin bestrebt sein, zur Beendigung dieser Situation beizutragen sowie für die Einführung der Rechte von Gefangenen einzutreten.
Menschenrechtsverein – İNSAN HAKLARI DERNEĞİ (İHD)
Türkischer Menschenrechtsstiftung – TÜRKİYE İNSAN HAKLARI VAKFI (TİHV)
Platform der freiheitlichen JuristInnen – ÖZGÜRLÜKÇÜ HUKUKÇULAR PLATFORMU (ÖHP)
Fortschrittliche JuristInnenverein – ÇAĞDAŞ HUKUKÇULAR DERNEĞİ (ÇHD)