Kriminalisierung und Verhaftungen der Êzîden im Nord-Irak

Föderation_EzidenAufruf der Föderation der Ezidischen Vereine e.V., Mai 2015

Nach den Angriffen in der Nacht vom 3. auf den 4. August 2014 auf Şengal und den damit verbundenen Massakern und Vertreibungen der Êziden mit dem Ziel eines Völkermordes war deutlich: So wie es bisher lief, kann und darf es nicht weitergehen! Eine Änderung der politischen und gesellschaftlichen Situation ist für den Schutz und die Verteidigung von Şengal unabdingbar – denn die nicht vorhandenen Strukturen zur Selbstverwaltung, zum Schutz und zur Verteidigung waren mit die ausschlaggebenden Gründe des Ausmaßes des versuchten Völkermordes sowie die Vernichtung des Ezidentums in Şengal.

Nichts desto trotz und vor allem aus den Erfahrungen der Vergangenheit heraus, hat sich die Bevölkerung in Şengal für die Errichtung einer Autonomie  entschieden, da bis heute niemand für den Schutz sowie die Verteidigung der Glaubensgemeinschaft der Êzîden einstehen konnte. Die Gründung des Rates der Eziden von Şengal ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Die Arbeiten und Tätigkeiten dafür laufen auf Hochtouren – in vielen Ländern wird der Zuspruch immer größer – viele Bewegungen, Institutionen, Organisationen, Parteien, etc. befürworten das Vorhaben und haben praktische Hilfe zugesagt.

Mit Beginn der humanitären Hilfe durch freiwillige aus den Mitgliedsvereinen unserer Föderation, hat sich auch unser Mitglied Ali Sacik ohne zu zögern auf den Weg gemacht, um in den Flüchtlingslagern in Duhok und Zaxo (Kurdistan/Irak) mitzuhelfen. Nun soll sein Einsatz für die Menschlichkeit bestraft werden. Vor einigen Wochen, am 08.02.2015, wurde Ali Sacik von der Sicherheitspolizei der Regionalregierung Kurdistan unter der Barzani-Regierung verhaftet. Sein Aufenthaltsort sowie der Grund seiner Verhaftung sind bis heute noch unklar. Alle diplomatischen Bestrebungen unserer Föderation zur Freilassung werden ohne ausführliche Begründung abgelehnt. Wir als Föderation und vor allem seine Familie in Deutschland sind in großer Besorgnis um sein Wohlbefinden.

Als diplomatischer und politischer Vertreter bemüht sich Herr Ali Sacik seit Jahrzehnten um eine friedliche und politische Lösung der Konflikte in der Region. Wir sehen die Verhaftung von Ali Sacik als weiteren Schlag gegen unsere êzîdische Glaubensgemeinschaft und unseren Bestrebungen nach Demokratie, Frieden, Freiheit und Menschlichkeit sowie vor allem nach Schutz für die noch dort gebliebenen Menschen.

Nicht nur die vielen kurdischen Organisationen, Institutionen, Vereine in Kurdistan verurteilen diese Vorgehensweise, sondern auch die kurdische Bevölkerung in ganz Europa. Aus unserer aller Sicht ist die Verhaftung von Ali Sacik ein politischer Akt, welcher im Zusammenhang mit der steigenden Repression gegen êzîdisch-kurdische AktivistInnen steht.

Unser Protest gilt vor allem dem Präsidenten der Regionalregierung Kurdistans KRG Masud Barzani und der KDP, welche/r schon durch  falsches Handeln und die schuztlose Auslieferung der Êziden Şengals an den IS (Islamischer Staat) während des Massakers im August 2014, in großer negativer Kritik steht.

Wir rufen die PDK/KDP dazu auf, ihre Repressionen und Kriminalisierungspolitik gegenüber der êzîdisch-kurdischen Bevölkerung und gegen êzîdisch-kurdische Politiker zu beenden! Weiterhin fordern wir die europäischen Staaten dazu auf, uns bei diesen Forderungen zu unterstützen und ihrem Verbündeten, die Barzani- Regierung, entsprechend zur Änderung ihrer Vorgehensweise aufzufordern.

Wir rufen zudem alle unsere befreundeten Organisationen, Vereine, etc. dazu auf, unseren Protest zu teilen und mit ihrer Solidarität die Barzani-Regierung dazu zu bewegen, die Freilassung von Ali Sacik und allen anderen politisch Gefangenen zu veranlassen.

Als Föderation der Êzîdischen Vereine in Deutschland und somit als Vertreter tausender von Êzîden, fordern wir in unserem und deren Namen die sofortige Unterlassung dieser ausgrenzenden und menschenverachtenden Vorgehensweise.
Wir hoffen auch dabei auf die Solidarität und Unterstützung aller demokratischen Kräfte.

Wir fordern daher des Weiteren:

  • Ein sofortiges Ende der antidemokratischen Vorgehensweise sowie der Kriminalisierung der Bestrebungen nach Demokratie, Frieden, Freiheit und Menschlichkeit der êzîdischen Glaubensgemeinschaft, durch die Barzani-Regierung
  • Ein konsequentes und gemeinsames Handeln gegen den IS (Islamischen Staat)
  • Die Anerkennung der Bestrebungen nach einer Autonomie für  Êzîden und Christen
  • Die Unterstützung Şengals sowie aller Regionen der Êzîden und Christen auf allen Ebenen, zur
    Prävention von weiteren Massakern
  • Die Errichtung eines Hilfskorridors, um den dort erforderlichen Wiederaufbau zu ermöglichen

Unsere gemeinsame Solidarität mit dem Widerstand in Şengal sowie des Nord-Irak ist heute dringender denn je! Lasst uns weitere Genozide an den Bevölkerungs- und Glaubensgemeinschaften u.a. durch das Erheben unserer Stimme für Frieden und Freiheit verhindern. Die Lage der Flüchtlinge ist katastrophaler denn je! Lasst uns durch unser Handeln eine noch größere Katastrophe und ein noch größeres Verbrechen an der Menschlichkeit verhindern

Wir verstehen und unterstützen den Widerstand und den Wideraufbau Şengals als Verteidigung der Menschlichkeit!

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–  Repressionen und Kriminalisierungspolitik gegenüber der êzîdisch-kurdischen Bevölkerung und gegen êzîdisch-kurdische Politiker müssen sofort beendet werden  –

Wir fordern die sofortige Freilassung unseres Mitglieds Ali Sacik sowie allen anderen politisch motivierten Verhaftungen

Demonstrationen:

BREMEN:
Donnerstag 07.05.2015 – 18 Uhr
Vor dem Hauptbahnhof

HANNOVER:
Samstag 09.05.2015 – 13 Uhr
Ernst-August-Platz (vor dem Hauptbahnhof)

KLEVE:
Samstag 09.05.2015 – 13 Uhr
Klever Kirmesplatz

BIELEFELD:
Samstag 09.05.2015 – 15 Uhr
Vor dem Hauptbahnhof