HDP schafft erneut Einzug ins Parlament

demirtasyüksekdagPresseerklärung des Netzwerks kurdischer AkademikerInnen KURDAKAD, 01.November 2015

In der Türkei fanden heute Neuwahlen zum türkischen Parlament statt. Nachdem bei den Wahlen vom 7. Juni 2015 die AKP von Staatspräsident Erdoğan die absolute Mehrheit einbüßte und der progressiven HDP der Einzug ins Parlament gelang, ließ Erdoğan die Koalitionsverhandlungen scheitern und rief Neuwahlen aus. Denn der Traum vom Präsidialsystem mit uneingeschränkten Rechten für seine Person war geplatzt. Er kündigte prompt die Verhandlungen mit der kurdischen Seite für eine politische Lösung der kurdischen Frage auf, negierte diese gar, und erklärte allen demokratisch-fortschrittlichen Kräften den Krieg. Festnahmewellen, Amtsenthebungen demokratisch gewählter PolitikerInnen / BürgermeisterInnen, Militäroffensiven, Bombenanschläge gegen die eigene Zivilbevölkerung – die Bilder des Anschlags von Ankara haben wir noch vor Augen – prägten fortan wieder das Bild der Türkei.

Die Neuwahlen scheinen hier keine Wende zu bringen. Der Wahltag war ebenfalls gezeichnet von stärksten Repressionen gegen die Zivilbevölkerung, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen wollte. Mitglieder des Europaparlamentes zogen aus ihrer Wahlbeobachtung das Resümee, dass „Demokratie nicht existent sei“.

Ersten Hochrechnungen zufolge ist die AKP weiterhin stärkste Kraft in der Türkei und wird das Land allein regieren können. Mit ihrer Polarisierung nach rechts scheint sie insbesondere der national-faschistischen MHP Stimmen gekostet zu haben. Die HDP hingegen überwand trotz aller Repressionen erneut die 10% Hürde und zog ins türkische Parlament ein. Sie ist zurzeit die einzige Kraft in der Türkei, die Frieden und Demokratie zur höchsten Priorität erklärt hat.

In der von diversen Konfliktlinien gezeichneten Region des Nahen Ostens zeichnet sich mit dem Wahlergebnis in der Türkei eine Eskalation ab. Die Region ist um einen Diktator reicher geworden, der IS wird weiter militärischen, logistischen und personellen Nachschub über die Türkei generieren – der Beitritt der Türkei in die Anti-IS-Koalition ist reine Makulatur –, die Militäroffensiven gegen die PKK, wichtigster Akteur im Kampf gegen den IS, werden sich zuspitzen, die Gefahren für die Errungenschaften zur Demokratisierung Syriens ausgehend von der Region Rojava werden sich potenzieren und die Flüchtlingsströme kein Ende nehmen.

Dabei benötigt die Region dringend eine Deeskalation und Befriedung. Es gilt also nun, die Unterstützung der progressiven Kräfte wie der HDP zu forcieren und sämtliche Power in den Kampf für Demokratie und Frieden zu investieren.