´Kurdischer Aufbruch´ in Syrien

fachtagungBericht zur Fachtagung „Die Neustrukturierung des Nahen Ostens und der ´Kurdische Aufbruch´ in Syrien“ am 26.01.2013 in Dortmund von Kurd-Akad. Netzwerk kurdischer AkademikerInnen e.V.

Am 26.01.2013 fand in den Räumen des Reinoldinums in Dortmund nach einer siebenmonatigen Vorbereitungszeit die vierte Wintertagung unseres Netzwerkes statt und erfreute sich einer regen Teilnehmerzahl. Im Mittelpunkt der Tagung standen die Entwicklungen im Nahen Osten im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings und die damit einhergehende Neustrukturierung der Region.

Syrien und der kurdische Faktor in der Region, insbesondere auch im Hinblick auf Westkurdistan, bildeten dabei inhaltliche Schwerpunkte. Alle Redebeiträge wurden mittels professioneller Dolmetschertechnik simultan in den Sprachen Deutsch, Kurdisch und Türkisch wiedergegeben.
Die Konferenz begann mit einer Begrüßungsrede der Vorsitzenden von Kurd-Akad. Neben einem Umriss der Tagungsinhalte und -ziele wurde in dieser auch der in Paris Ermordeten kurdischen Exilpolitikerinnen Sakine Cansiz, Leyla Saylemez und Fidan Dogan gedacht.
Hieran schloss sich das Verlesen einer Erklärung des kurdischen Frauenbüros für Frieden e.V. an.
Anschließend ging es zum Forum I über, in dem unter Moderation von der Diplom-Pädagogin Frau Schubert der Nahost-Experte Prof. U. Steinbach, die Journalistin Frau F. Beck sowie der Journalist Herr F. Cetin sprachen. Prof. U. Steinbach gab zunächst einen Umriss über die Entwicklungen im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings, den er eher als mehrere aufeinander folgende Revolten bezeichnen würde und bewertete dann die Interventionen der NATO-Staaten. Auch zum kurdischen Faktor gab Prof. U. Steinbach ein Statement ab. Im Hinblick auf die Erlangung der Rechte der kurdischen Bevölkerung äußerte er sich bezüglich aller vier Staaten, in der die Kurden leben, zuversichtlich. Er berichtete auch von seinem Besuch 1994 beim Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans, Herrn Abdullah Öcalan. Schon damals habe Öcalan auf die Frage nach dem Ziel der Bewegung geantwortet, sich für eine friedliche und demokratische Lösung einsetzen zu wollen.
Nach Prof. U. Steinbach ging das Wort an F. Beck, die sich mit der Darstellung der Konflikte in der Medienlandschaft Deutschlands befasste. Sie betonte, dass einem Großteil der Nachrichten keine gesicherte Quelle zugrunde liege und verwies auf die langfristigen politischen und militärischen Pläne internationaler Staatenbündnisse in der Region.
Letzter Redner des ersten Forums war der Journalist F. Cetin. Nach einem groben Umriss der aktuellen Ereignisse in der gesamten Region ging Herr Cetin zunächst auf die internationale Dimension der Ereignisse in Syrien ein. Er betonte den Widerspruch zwischen Demokratieforderungen des Westens und deren Handlungsstrategien. Ein weiterer wesentlicher Aspekt seines Redebeitrages waren die regionalen Bündniskonstellationen, wobei er insbesondere auf die Position der Türkei einging. Er verwies auf die ungelöste Kurdische Frage in der Türkei und die repressive Haltung gegenüber jeglichen Errungenschaften der kurdischen Bevölkerung, auch und vor allem in Westkurdistan. F. Cetin betonte auch den Zusammenhang zwischen aus der Türkei einsickernden bewaffneten Milizen, die in Westkurdistan die Zivilbevölkerung attackieren, und Sondereinheiten der türkischen Armee, die im Krieg in Nordkurdistan für den Tod von tausenden Menschen verantwortlich sind.
Im Forum II, moderiert von der Diplom-Pädagogin Frau E. Ilgün-Birhimeoglu, wurde zunächst ein am Vorabend für die Konferenz verfasster Bericht über die militärischen Auseinandersetzungen in Syrien von der Journalistin Karin Leukefeld, die sich zur Zeit in Damaskus aufhält, verlesen. Anschließend sprachen der Priv.-Doz. H. Gerger und der Historiker Dr. G. Dilberz. G. Dilberz zeichnete zunächst einen historischen Umriss in Bezug auf Syrien und Westkurdistan und ging anschließend auf die Repressionspolitik gegenüber den KurdInnen in Syrien in der jüngsten Vergangenheit ein. H. Gerger fokussierte seinen Redebeitrag auf die Rolle der Türkei. Er verwies auf die Bedeutung des kurdischen Faktors für die Handlungsstrategie der Türkei, die unter dem Deckmantel humanitärer Gründe auf die Begrenzung der Errungenschaften der Kurden in der gesamten Region abziele. H. Gerger verwies im Hinblick auf diese Errungenschaften, wie die Übernahme der Regionalverwaltungsstrukturen in Westkurdistan, auch auf die damit einhergehenden Gefahren durch konkurrierende Mächte.
Das III. Forum, moderiert vom Historiker und Journalisten Dr. Nick Brauns, begann mit dem Verlesen des Redebeitrages von Frau D. Osman, die aufgrund von Widrigkeiten im Bahnverkehr bei der Anreise aus den Niederlanden nicht an der Fachtagung teilnehmen konnte. D. Osman verwies auf die Vorreiterrolle der Frauen im Autonomieprozess in Westkurdistan, die sich aus der Annäherung der Befreiungsbewegung an die Frauenfrage ableite, und erläuterte die Zukunftsperspektiven für Westkurdistan. Anschließend sprach der Europasprecher der Partei der Demokratischen Einheit PYD, Herr H. M. Ali. Er umriss zunächst die Entwicklungen in Syrien bzw. Westkurdistan und erläuterte ihr Verständnis von demokratischer Autonomie. H.M. Ali nahm auch zur Position der PYD und anderer kurdischer Parteien im Syrien-Konflikt Stellung. Er betonte die Bedeutung des Hohen Kurdischen Rats als Dachgremium zur Interessenvertretung der Kurden in Westkurdistan, verwies auf die Notwendigkeit grundlegender Veränderungen und warnte vor der Interessenspolitik der verschiedenen regionalen wie internationalen Bündnisse.
Die Fachtagung, die mit Unterstützung des Verbandes der Studierenden aus Kurdistan YXK e.V. und dem Kurdischen Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit Civaka Azad e.V. durchgeführt wurde, endete mit einer Diskussionsrunde, die vom Rechtsanwalt M. Ertas moderiert wurde und in der das Plenum die Gelegenheit wahrnahm, den ReferentInnen weitere Fragen stellen zu können.
An dieser Stelle sei allen Mitwirkenden, insbesondere den ReferentInnen, ModeratorInnen und vor allem ÜbersetzerInnen gedankt, ohne deren Einsatz eine solch umfangreiche Tagung nicht möglich gewesen wäre.

Vorstand von Kurd-Akad e.V.

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