Tagelange Auseinandersetzungen an der Dicle Universität in Amed

Pressemitteilung der Kampagne “Studierende hinter Gittern”, 11. April 2013

Seit Tagen halten an der Dicle Universität in Amed (türkisch: Diyarbakir) die Auseinandersetzung zwischen Studierenden und der Polizei an. Anlass waren Attacken einer der Hizbollah nahestehenden Gruppe auf linke Studierende. (Anmerkung: Die türkische Hizbollah ist für den Mord an tausenden KurdInnen in den neunziger Jahren verantwortlich. Sie wurde vom türkischen Staat im Kampf gegen die PKK aufgebaut) Um gegen diese Attacken zu protestieren sammelten sich am nächsten Tag hunderte Studierende am Campusgelände.

Die Polizei, die mit einem Großaufgebot an Wasserwerfern, Tränengas, gepanzerten Fahrzeugen und mehreren Hundertschaften auf dem Campusgelände stationiert war, ließ diese Demonstration nicht zu und griff sie an. Auch Anhänger der islamistischen Gruppe griffen unter dem Schutz der Polizei erneut viele Studierende an. Auffällig war, dass diese dennoch regelrecht von der Polizei in einen Schutzschild genommen wurden. Die Demonstranten erwiderten diese Angriffe mit Steinen. Die Auseinandersetzungen weiteten sich darauf auf das gesamte Campusgelände aus. Auch am dritten Tag gingen sie weiter. 60 Studierende wurden bereits festgenommen. 15 Menschen wurden verletzt.

Die Situation unter den Studierenden war ohnehin schon angespannt, da ein Tag vor Beginn der Auseinandersetzungen die Leiche eines jungen Mannes aus dem Dicle (Tigris) geborgen wurde. Dieser sprang auf der Flucht vor der Polizei am 27. März in den Fluss. Augenzeugen berichten, dass die Polizei zuvor auf ihn geschossen haben soll. Laut berichten von örtlichen Nachrichtenagenturen, sollen am Kopf des Leichnams Schussverletzungen zu sehen sein. Eine Bestätigung von der Autopsi kam allerdings noch nicht. Am 10. Februar wurde ebenfalls ein junger Mann auf einer Demonstration anlässlich der Verschleppung von Abdullah Öcalan 1999 in die Türkei, von einem Panzer überfahren und getötet. Wie der Studierendenverband der Dicle Universität (DÜÖ-der) in einem Interview mit der YXK (Verband der Studierenden aus Kurdistan) berichtete, wurden in den letzten Jahren über zehn Mitglieder von staatlichen Sicherheitskräften getötet.

Seit mehreren Jahren sind die Repressionen gegenüber Studierende in der Türkei auf einem Höchstniveau. Die Initiative zur Solidarität mit inhaftierten Studierenden (TODI) hat in einer Presseerklärung vor einigen Tagen darauf aufmerksam gemacht, dass derzeit etwa 850 Studierende sich in türkischen Gefängnissen befinden. Über 3000 wurden seit 2009 aufgrund ihrer politischen Tätigkeiten von staatlichen Universitäten exmatrikuliert.

Die jüngsten Angriffe auf Studierende an der Dicle Universität in Amed zeigen, dass trotz Verhandlungen, die derzeit zwischen dem türkischen Staat und der KCK geführt werden, die Repressionen gegen fortschrittliche linke Studierende weiter anhalten werden.

Inzwischen protestierten auch Studierende an mehreren großen Universitäten landesweit, wie der Middle East Technical University (METU) in Ankara und der Universität in Van gegen das Vorgehen der Polizei und ihren gemeinsamen Angriffen mit islamistischen Gruppen auf Studierende. An der METU kam es dabei ebenfalls zu Auseinandersetzungen und Straßenschlachten mit der Polizei.

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