Erste deutsche Städtepartnerschaft mit einer Stadt in der Demokratischen Föderation Nordsyriens beschlossen

Elke Dangeleit über die Hintergründe der Städtepartnerschaft zwischen Berlin Friedrichshain-Kreuzberg und Dêrîk, 26.09.2017

Die Bezirksverordnetenversammlung von Berlin Friedrichshain-Kreuzberg stimmte am vergangenen Mittwoch mit großer Mehrheit von Linken, Grünen und SPD dem Antrag der Linksfraktion zu einer Städtepartnerschaft mit der nordsyrischen Stadt Dêrîk zu. Damit ist das Bezirksparlament von Friedrichshain-Kreuzberg Vorreiter in ganz Deutschland.

Dêrîk ist eine Stadt in der Demokratischen Föderation Nordsyrien, in der Nähe der irakischen Grenze und dem Şengal-Gebiet. Der kurdische Name Dêrîk wurde unter Assad arabisiert und in al-Malikiya umbenannt, so wie in der Türkei tausende von kurdischen Städten und Dörfern mit türkischen Namen versehen wurden, um den kurdischen Ursprung zu vernichten.

Sie hat ca. 26.000 Einwohner und verfügt über eine multiethnische und multikonfessionelle Zusammensetzung. In Dêrîk gibt es ein großes Flüchtlingscamp der Eziden aus Şengal, die im August 2014 vor dem Islamischen Staat (IS) geflüchtet sind. Die kurdischen Selbstverteidigungseinheiten der YPG/YPJ und HPG schufen unter großen eigenen Verlusten einen Korridor von den Şengal-Bergen nach Dêrîk und bewahrten viele Frauen und Mädchen vor der Verschleppung und dem Verkauf auf Sklavenmärkten durch den IS. Die Ko-Bürgermeister der selbstverwalteten Stadt bemühen sich zusammen mit den Bewohnern, den Geflüchteten ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen – trotz des Embargos der Türkei, der kurdischen Regionalregierung im Nordirak und der syrischen Assad-Regierung, die seit Jahren verhindern, dass notwendige Hilfsgüter die Region erreichen.

Wie in allen Städten der Demokratischen Föderation Nordsyrien spielt die Gleichberechtigung der Geschlechter eine zentrale Rolle. So ist zum Beispiel das Amt der Bürgermeister mit je einem Mann und einer Frau besetzt, die als gleichberechtigtes Team die Stadt verwalten.

Anfang August wandten sich die Ko-Bürgermeister von Dêrîk in einem Brief an die Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann mit dem Vorschlag, eine Städtepartnerschaft anzustreben. Sie nahmen darin Bezug auf die Gemeinsamkeiten der Städte; multikulturell, multiethnisch, antirassistisch und solidarisch im Umgang mit Geflüchteten.

In Berlin und vor allem in Friedrichshain-Kreuzberg leben ebenfalls kurdische Bürger aus Dêrîk, die vor dem IS geflohen sind. Ein Freundschaftsverein „Städtefreundschaft Friedrichshain-Kreuzberg – Dêrîk“ befindet sich in Gründung, um den Menschen aus dieser Region eine Stimme zu verschaffen.

Mit dieser Städtepartnerschaft setzt der Bezirk ein positives Zeichen für die Geflüchteten aus Syrien und dem Irak. In Zusammenarbeit mit dem Freundschaftsverein kann der Bezirk den Geflüchteten aus der Region und den Bürgern des Bezirks Möglichkeiten des Austauschs und der Unterstützung bieten. Die Etablierung dieser Städtepartnerschaft ist ein Akt der Solidarität mit den Bemühungen der Stadtverwaltung von Dêrîk, eine demokratische Selbstverwaltung mit der Bevölkerung aufzubauen. Mit dieser Städtepartnerschaft setzt der Berliner Bezirk ein Zeichen, dass hoffentlich Nachahmer von den demokratischen Parteien findet.

(Elke Dangeleit ist Bezirksverordnete der LINKEN in Friedrichshain-Kreuzberg.)


Solidarität mit den inhaftierten Bürgermeistern in der Türkei