Ohne Gerechtigkeit kein Frieden

roboskiDas Massaker von Roboskî als Mahnung
Ferhat Encü, dessen Bruder beim Massaker von Roboskî getötet wurde

Anlässlich des Jahrestages des Massakers von Roboskî und aufgrund der Tatsache, dass die Verantwortlichen für dieses Menschenrechtsverbrechen wie schon so oft zuvor in der Türkei offiziell unbehelligt bleiben sollen, dokumentieren wir hier die Rede Ferhat Encüs, des Bruders eines der 34 Toten dieses Massakers, im Forum I – Wohin geht der türkisch-kurdische Konflikt? – auf der 9. Internationalen Konferenz der »EU Turkey Civic Commission« (EUTCC), die am 5. und 6. Dezember 2012 im EU-Parlament in Brüssel stattfand.

Sehr geehrte Damen und Herren,
durch die Bombardierung von Zivilisten aus den Dörfern Bejuh (Gülyazi) und Roboskî (Ortasu) in der Provinz Sirnex (Sirnak) in der Nacht des 28. Dezember 2011, die die Grenze zum Irak wegen »Grenzhandel« überschritten hatten und auf dem Rückweg waren, haben wir 34 unserer Lieben zu Grabe getragen und deren Familien sind voller Verzweiflung und Trauer! Ich bin heute hier, um darüber zu Ihnen zu sprechen.

Ich möchte Ihnen zunächst von Roboskî und Bejuh erzählen: Weil der Staat der türkischen Republik in den 1990ern die Dörfer des Kreises Qilaban (Uludere) geräumt und die Menschen vertrieben hatte, ließen die sich in der Gegend ihrer Verwandten nieder, und so wurden die heutigen Dörfer Roboskî und Bejuh gegründet.

In der Gegend rund um unsere Dörfer hat die türkische Republik Minen gelegt, wodurch von den Menschen, die sich für den Lebensunterhalt dorthin begaben, bisher fünf Menschen gestorben und mehr als zwanzig verkrüppelt worden sind. Die Zahl der toten Tiere lässt sich nicht einmal ahnen …

Um uns zu versorgen, gibt es für uns gar keine andere Möglichkeit als »Grenzhandel«, »Karawanen« oder »Schrankengeschäfte«, was der Staat oder ähnlich Denkende »Schmuggel« nennen.

Wir nennen das nicht »Schmuggel«, denn wir erkennen diese Grenze, die willkürlich an irgendwelchen Verhandlungstischen gezogen wurde, nicht an und werden sie nicht anerkennen. Seit der Zeit unserer Großväter gehen wir »schmuggeln«. Die eine Hälfte des Dorfes lebt ja auch auf dieser Seite und die andere im Irak, den Verwandten geht es ebenso. Geschwister von uns, Felder von uns sind auf der anderen Seite. Außerdem gibt es dort noch nicht einmal eine physische Grenze, sondern nur einen Stein, den Grenzstein mit der Nummer 15.

In den Abendstunden des 28. Dezember 2011 sind wie immer mit Wissen der dortigen Militäreinheit und auch so, dass sie es sehen konnten, unsere Dorfbewohner zu ihrem »Grenzhandel« aufgebrochen. Circa einen Monat vor dem Massaker waren die Übergänge relativ erleichtert worden und zehn Tage vorher waren die militärischen Stellungen vollständig geräumt gewesen. Da das irakische Gebiet hinter der Grenze sowieso eine Ebene ist, war das dann bombardierte Gebiet, wie es Murat Karayilan in seiner Erklärung dargestellt hat, seit 1991 nicht von der PKK benutzt worden.

Unsere Dorfbewohner, die ohne Probleme die Grenze überquert hatten, erlebten bei ihrer Rückkehr Schlimmes. Sie sahen, dass das Militär alle drei möglichen Wege eingenommen hatte, und wurden ohne die Vorwarnung »Stehen bleiben« beschossen. Ubeydullah Encü, der Vater des in der Nacht des Massakers verstorbenen 13-jährigen Muhammed Encü, rief den Stationskommandanten an und sagte ihm, dass dort eine Gruppe sei, in der sich auch sein Sohn befinde. Der Kommandant entgegnete, dass er Bescheid wisse und diese Schießerei nur zur »Einschüchterung« diene. Aber so lief der Vorfall nicht ab, unsere Kinder wurden von F-16-Kampfflugzeugen bombardiert.

Die Dorfbewohner, die nach dem Bombardement zum Tatort gingen, sagten aus, dass ihnen auf ihrem Weg dorthin die sich befehlsgemäß auf dem Rückweg befindlichen Soldaten begegneten, und dass am Unglücksort noch einige Leichen brannten und es 13 Verletzte gab. Obwohl sie nach dem Massaker alle Verantwortlichen sofort benachrichtigten, kam kein einziger an den Ort des Geschehens, und die Dorfbewohner trugen die Verwundeten auf ihrem eigenen Rücken weg. Als Rettungseinheiten aus Sirnex (Sirnak) nach dem Ende des Bombardements an den Tatort wollten, wurden sie von Soldaten daran gehindert. Wir haben die zerstückelten Körper mit eigenen Händen auf die Sättel der überlebenden Esel gepackt und ins Dorf zu bringen versucht. Alle Dorfbewohner, die am Ort des Massakers waren, wissen, dass die meisten der Verletzten an dem großen Blutverlust gestorben oder erfroren sind. 17 der 34 Getöteten des Bombardements waren Minderjährige unter 18. Jeder, der ins Dorf kommt, sieht, was das für ein Trauma ist. Die Dorfbewohner sind seit dem Tag depressiv. Und diese depressive Lage hält seit einem Jahr an.

Die türkischen Medien haben diesen bitteren Fall, der zweifellos einer Meldung wert ist, mehr als zwölf Stunden lang nicht beachtet! Und diejenigen, die diese Nachricht bringen wollten, sind in den Regieräumen daran gehindert worden! Und als erste offizielle Nachrichten darüber erschienen, haben die Agenturen den euphemistischen Weg gewählt und dieses Massaker als »Vorfall an der irakischen Grenze« gemeldet. Die Diskussionen in den folgenden Tagen gingen nicht über Fragen hinaus wie »Sind die Toten Schmuggler oder Terroristen?« oder »Ist es ein Unfall, Fahrlässigkeit oder eine Falle?«.

Während die Gesellschaft im Westen der Türkei drei Tage später bis in den frühen Morgen Silvester feierte, als hätte es dieses Massaker nicht gegeben, haben wir, die zerstückelten Leichen unserer Kinder und Geschwister vor Augen, eine schlaflose und kummervolle Nacht verbracht.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bedankte sich beim Generalstabschef und der Militäreinheit für »ihr feinfühliges Verhalten«, womit er schon in die Richtung wies, die der Staat nun einschlagen würde.

Während die Verantwortlichen in der Nacht des Massakers Krankenwagen zur Umkehr anwiesen und keine Hubschrauber an den Ort des Massakers schickten, sollen sie (nach Aussagen der Dorfbewohner) einen Tag später eine Einheit mit einem Hubschrauber an die Stelle geflogen haben, die alles vom Massaker Übriggebliebene (menschliche und tierische Körperteile, Kanister etc.) auf einem Platz gesammelt und angezündet, also Beweise vernichtet hat. Der Staatsanwalt, der unverzüglich nach dem Massaker erklärte: »Es ist aus Versehen passiert, ich werde niemanden verhaften«, nahm in die Berichte auf, dass er mit dem Hubschrauber »den Tatort untersucht und nichts gesehen« habe.

Es wurde so oberflächlich gearbeitet, dass die Namen und die Zahl der Getöteten in den Autopsieberichten, die auch die Menschenrechtsvereine von dort erhielten, falsch waren. Die Organisationen MAZLUM-DER, Menschenrechtsverein (IHD), Anwaltskammer von Amed (Diyarbakir), Konföderation der Gewerkschaften der öffentlich angestellten Werktätigen (KESK) und Gerechtigkeitsplattform für Geschwisterlichkeit (KIAP) sind unverzüglich nach der Tat ins Dorf gekommen und haben Berichte verfasst und festgestellt, dass diese Tat ein »Massaker« war.

In dieser Nacht wurde der Staat zur Bombe und fiel auf uns herab. Unsere Kinder, unsere Verwandten sind verwirrt durch das, was ihnen geschah. Als wenn es nicht reichte, dass sie den Tod über uns brachten, dass uns der Staat mit unseren Toten alleingelassen hat, haben sie uns nach dem Massaker durch Drohungen daran zu hindern versucht, unsere Toten in einem Sammelgrab zu beerdigen!

In Kurdistan wird lange getrauert, aber wenn dann auch noch so viele Menschen auf einmal sterben, dauert die Trauer umso länger. Auch ist es bei uns Tradition, dass man in den ersten Tagen den Angehörigen der Toten nicht unter die Augen kommt, wenn man den Tod verschuldet oder durch Fahrlässigkeit verursacht hat. Denn die Angehörigen der Toten sind voller Wut und diese Wut kann jederzeit ausbrechen.

Aber als ob der Staat, der den Tod unserer Kinder verursacht hat und der uns seit einem Jahrhundert regiert, unsere grundlegendsten Traditionen nicht kennt, hat er trotz der Ermahnungen angesehener Dorfbewohner am zweiten Tag unserer Trauer den Landrat zum Kondolieren geschickt. Die jungen Leute haben natürlich mit der Wut über die schreckliche Ermordung ihrer Angehörigen auf den Landrat reagiert. Es kam zu einem Zwischenfall, den auch wir nicht gutheißen; der Landrat wurde geschlagen und es kam zu unschönen Szenen.
Nach diesem Zwischenfall wurden Verwandte der bei der Bombardierung gestorbenen Dorfbewohner festgenommen und verhaftet und einige sind wieder freigelassen worden. Für viele Menschen aus dem Dorf wurden Haftbefehle erlassen, niemand durfte mehr das Dorf verlassen, wir konnten unsere Kranken nicht mehr in die Provinzstadt bringen, da unser Dorf regelrecht in ein offenes Gefängnis verwandelt wurde. Die Menschen haben immer noch Angst, festgenommen zu werden. Diejenigen, die festgenommen worden sind, stehen wegen »versuchtem vorsätzlichem Totschlag« vor Gericht. Obwohl ich an besagtem Tag keinerlei Gewalt gegen den Landrat angewandt hatte, wurde ich sechs Mal mit derselben Beschuldigung festgenommen, denn ich sorge regelmäßig für die Aktualität des Massakers, damit Gerechtigkeit geschieht und die Verantwortlichen bestraft werden. Als wenn das nicht reichte, wurde ich offen vom Gendarmeriekommandanten von Sirnex (Sirnak) vor laufender Kamera bedroht: »Ferhat, ich kenne dich, du wirst von anderen angeleitet und deine Zeit wird kommen.« Wir wissen nicht, ob der Kommandeur für die Worte Dank erfahren hat, aber auf jeden Fall ist keinerlei Untersuchung eingeleitet worden.

Seit dem ersten Tag nach dem Massaker sind wir beschimpft worden und je lauter wir vom Staat Gerechtigkeit fordern, desto mehr ist der Druck auf uns verstärkt worden. Und die Zurückgebliebenen, die ihre Angehörigen bei dem Massaker verloren haben, wurden nach Medienkontakten telefonisch bedroht: »Haltet Maß, haltet eure Klappe, redet nicht herum!« Dorfbewohner, die wegen des Massakers von Roboskî Anzeige erstatteten, wurden überhaupt nicht in Verbindung mit dem Geschehnis befragt, sondern es wurden ihnen Fragen gestellt, die sich auf sie selbst bezogen: »Warum empfangt ihr gesammelt Beileidsbesuche? Warum habt ihr diese Tücher auf die Särge gelegt? Warum kümmert sich die BDP um euch?«

Noch bevor die Erde auf den Gräbern unserer Angehörigen getrocknet war, ließ die Regierung in den Nachrichten verlautbaren, sie hätte uns mit »Schadensersatz in Rekordhöhe« abgefunden. Aber wir haben diese Gelder nie angerührt.

Der Innenminister titulierte die Getöteten mit Begriffen wie »dolap beygiri« [Nutztiere, die sich um ein Rad drehen] oder »Figuren der Terrororganisation«. Ministerpräsident Erdogan ließ mit seiner Äußerung, die Dorfbewohner seien »nicht auf Minen getreten«, durchschimmern, dass sie Pläne der Minenfelder besessen hätten, doch er hat die gesamte Türkei direkten Auges angelogen. Denn bis zum heutigen Tage sind zahlreiche Menschen gestorben oder verkrüppelt, weil sie im Dorf auf eine Mine getreten waren – das wiederum bedeutet noch eine andere Schande für den Ministerpräsidenten.

Der Stationskommandant Abdullah Pasa versammelte die Dorfschützer, weil sie nach dem Massaker nicht die Arbeit wiederaufgenommen hatten, und bagatellisierte das Massaker mit den Worten: »Was, wenn der Staat, wenn ich das gemacht habe, was soll dann sein? Was könnt ihr denn gegen den Staat ausrichten?«, und demonstrierte damit ein weiteres Beispiel für diesen schmählichen Staat. Der Überlebende des Massakers Hasan Ürek wurde im Anschluss an einen Auftritt im Fernsehen zum Landrat und zum Polizeipräsidenten gerufen, es wurde ihm eine Arbeitsstelle zugesichert und er wurde gebeten, von nun an nicht mehr in dieser Sache tätig zu werden.

Servet Encü, der das Massaker überlebte, hat nach seiner zunehmenden Verzweiflung an der Gerechtigkeit zusammen mit seiner Familie die Türkei verlassen und sich in Irakisch-Kurdistan niedergelassen. Wenn ein Bürger den Glauben an seinen Staat aufgibt und sein Land, in dem er geboren und aufgewachsen ist, verlässt, müsste das für die Leute an der Spitze des Staates eine große Schande bedeuten, aber das tut es nicht.

So wie der Staat aus alldem nichts gelernt hat, so geht es auch weiter. Kurze Zeit nach dem Massaker wurden Dorfbewohner beschossen, die ihre Tiere auf den Weiden von Roboskî grasen ließen. Vier ihrer Ziegen, die sich zum Schutz hinter Felsen versteckten, sind dabei verletzt worden.

Trotz dieser negativen Erfahrungen geben wir nicht auf und bringen überall unsere Forderungen nach dem Recht zur Sprache. Jeder Dienststelle, die wir aufsuchten, haben wir unsere Forderungen der Suche nach den Verantwortlichen und deren Verurteilung übermittelt. In diesem Zusammenhang haben wir zwei Mal das türkische Parlament besucht und beide Male mit im Parlament vertretenen Parteien gesprochen. Bei unserem ersten Treffen mit der Regierungspartei AKP wurden wir von der Vize-Fraktionsvorsitzenden Aysenur Bahçekapili und beim zweiten Treffen am 27. November 2012 vom anderen Vize-Fraktionsvorsitzenden Mahir Ünal beschimpft. Als ich beim letzten Treffen Ünal fragte, welche konkreten Schritte sie unternommen hätten, erklärte er mir, sie hätten gemeinsam mit mir insgesamt 40 Studenten aus Roboskî ein Stipendium gewährt. Weder hatten wir so etwas von ihnen gefordert, noch wussten wir irgendetwas von einem genehmigten Stipendium. Es kommt uns seltsam vor, dass sie glauben, wir würden für ein Stipendium in Höhe von 100?TL dankbar sein, wo wir als Familie noch nicht einmal den Schadensersatz angerührt haben.

Im EU-Fortschrittsbericht, den der Vorsitzende der Verfassungskommission von der türkischen Regierungspartei AKP, Burhan Kuzu, dadurch berühmt machte, dass er ihn in den Mülleimer warf, wird das Massaker von Roboskî angesprochen. Es wird kritisiert, dass »keine Diskussionen über die politische Verantwortlichkeit geführt« worden seien, dass »Aufrufe an Verantwortliche zur effektiven, schnellen und transparenten Untersuchung solcher Vorfälle wie das von Uludere, bei dem Zivilisten ihr Leben verloren haben, unbeantwortet« geblieben seien, dass »die Aussagen der Regierung über eine neue Strategie zur kurdischen Frage nicht in einen Fortschritt zur politischen Lösung verwandelt« worden seien. Ein weiterer Kritikpunkt im Bericht ist der, dass »die Verantwortlichen viele NGO-Gruppen daran gehindert haben, den Ort des Vorfalls [an dem 34 Zivilbürger getötet wurden] aufzusuchen«. Diese Kritiken stimmen alle. Es ist niemandem erlaubt worden, den Ort des Massakers zu besuchen, so wie einem Dichter und vier ihn als Routenführer begleitenden Jugendlichen aus Roboskî, die zu je 1000?TL Geldstrafe verurteilt wurden.

Versprochen worden war, dass die Untersuchung des Massakers »nicht in den Gängen von Ankara verloren gehen« werde, aber obwohl heute fast ein Jahr vergangen ist, ist es nicht einen Deut vorwärtsgegangen.

Wer die türkische Politik aus nächster Nähe verfolgt, weiß, dass dann, wenn eine Sache vergessen gemacht werden soll (ohne den Verantwortlichen zu offenbaren), diese entweder einer Kommission oder der Justiz übertragen, Zeit gewonnen und sie mit der Zeit vergessen wird. Das gilt auch für das Massaker von Roboskî. Es ist eine Unterkommission zusammengestellt und diese Sache immer wieder aufgeschoben worden. Die Auskunft des Generalstabs, es könnten »keine Informationen weitergegeben werden«, galt auch für die Akten der Staatsanwaltschaft. Es hat in dieser Zeit der Staatsbürokratie keine Antworten auf keine der Fragen gegeben und es ist offensichtlich, dass die Täter irgendwie nicht festgestellt werden.

Die Unterkommission teilte mit, bald ihren Bericht veröffentlichen zu wollen. Aber sie hatten schon seit dem ersten Tag angekündigt, dass die Antworten auf unsere folgenden vier Fragen nicht im Bericht auftauchen würden: 1. Welche Einheit, wer hat die Aufnahmen der Drohne gesehen und analysiert? 2. Welche Einheit, wer hat das Ziel bestimmt? 3. Wer hat bestimmt, dass die dortigen Menschen PKK-Militante seien? 4. Wer hat den Schießbefehl erteilt?
Wir haben seit dem ersten Tag gefordert, dass diese Fragen beantwortet werden und dass die Verantwortlichen für das Massaker festgestellt und verurteilt werden, und wir fordern es weiterhin. Und wir haben erklärt, dass wir das Geld, das uns der Staat als Schadensersatz gezahlt hat, so lange nicht annehmen werden, bis die Gerechtigkeit gesiegt hat.
Da das Massaker von Roboskî auf der irakischen Seite der Grenze verübt wurde, nehmen wir an, dass es sich um eine »grenzüberschreitende Operation« handelte und der politische Wille des Spitzenverantwortlichen war.

Letztendlich fordern wir von Ihnen, eine Delegation in unser Dorf zu senden, die einen Bericht über das Massaker von Roboskî und die Zeit danach vorbereitet, das Massaker als »Verbrechen an der Menschlichkeit« anerkennt und so lange als Nebenkläger auftritt, bis Gerechtigkeit geschieht.

Wie ich schon zu Beginn gesagt habe, ist das Massaker von Roboskî ein weiteres Glied in der Kette der historischen, gesellschaftlichen Traumen, denen die Gesellschaft in der Türkei ausgesetzt gewesen ist. Wenn die Gerechtigkeit siegt, werden die Seelen der Familien ein wenig Frieden finden und es wird Hoffnung geben, dass solche Traumen ein Ende finden.
Ich möchte Sie wissen lassen, dass die Zukunft düster sein wird, wenn in Roboskî nicht die Gerechtigkeit siegt.

Mit dem Wunsch, dass das kurdische Volk und Kurdistan nicht noch einmal einem solchen Massaker ausgesetzt werden, dass eine Atmosphäre geschaffen wird, in der jeder gleich und frei lebt, dass das seit dreißig Jahren dauernde Blutvergießen aufhört und dass die Vernichtungs- und Verleumdungspolitik am kurdischen Volk ein Ende findet, bedanke ich mich bei Ihnen allen dafür, dass Sie mir mit Geduld zugehört haben.

Mit Liebe und Hochachtung im Namen der Familien von Roboskî

Ferhat Encü

Quelle: Kurdistan Report Nr. 165 Januar/Februar 2013

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