Ziel ist eine demokratische Lösung für den gesamten Mittleren Osten

rojava_kundgebungDie Demokratische Autonomie in Rojava
Michael Knapp, Rojava-Delegation der Kampagne TATORT Kurdistan

In den letzten 33 Jahren des kurdischen Freiheitskampfes haben die kurdische ArbeiterInnenpartei PKK und ihr Vorsitzender Abdullah Öcalan auf gesellschaftliche Dynamiken reagiert, diese geprägt und immer weitere Schritte in Richtung einer befreiten Gesellschaft entwickelt. Die PKK begriff die kurdische Frage immer als eine Frage der Befreiung der Gesellschaft, der Geschlechter und all ihrer Menschen, nicht nur als eine nationale oder ethnische Frage. Das Buch Soziologie der Freiheit [Özgürlük Sosyolojisi] von Abdullah Öcalan ist wie ein Fahrplan für die Befreiung Rojavas und des gesamten Mittleren Ostens. Bis ins Detail werden hier Schritte zur Befreiung aufgezeigt. Bei unseren Reisen durch die Region Rojava, hatten viele der Menschen, die wir dort trafen, eine enge Beziehung entweder zu Abdullah Öcalan selbst oder eben Personen, welche die Geschichte der PKK entscheidend prägten. Dieser kontinuierliche Kontakt führte zu einer Veränderung in der feudal geprägten Gesellschaft der Region. Dies betonten uns gegenüber insbesondere die Frauen, welche die Ansätze der kurdischen Frauenfreiheitsideologie seit mehr als zwanzig Jahren kennen und umzusetzen versuchen. Der enge Kontakt zur kurdischen Freiheitsbewegung führte schließlich dazu, dass sich viele Menschen der PKK anschlossen und für sie zunächst in Nordkurdistan kämpften. Es ist also falsch, die PKK als ein nordkurdisches Phänomen anzusehen, dieser Bewegung gehörten und gehören zehntausende AktivistInnen aus Rojava an.

Auf die Festnahme von Abdullah Öcalan 1999 und die Verschärfung der Repression durch das Assad-Regime folgte eine Phase der Reorganisierung. 2004, nach einem Massaker in Qamişlo an der kurdischen Bevölkerung durch das Regime und dem darauf folgenden Aufstand, begann diese Organisierung an Dynamik zu gewinnen, bis hin zum Aufbau von bewaffneten Selbstverteidigungsgruppen. Wenig zuvor hatte sich auch die linke Partei der Demokratischen Einheit PYD gegründet und wurde schnell zu einer starken politischen Kraft in der Region. Die neuen Paradigmen der kurdischen Freiheitsbewegung und insbesondere das von Abdullah Öcalan u. a. orientiert an dem libertären Theoretiker Murray Bookchin entworfene Modell des Demokratischen Konföderalismus und der Demokratischen Autonomie begannen ein Maßstab der Orientierung zu werden. Abdullah Öcalan hatte in der Kritik an der Geschichte der realsozialistischen Staaten und der nationalen Befreiungsbewegungen – die PKK eingeschlossen – das Modell einer »demokratischen, ökologischen, geschlechterbefreiten Gesellschaft« als Alternative zu den Auffassungen von Revolution, die auf Umsturz und Machtübernahme abzielten, entworfen. In diesem Kontext führte er den Begriff einer »ethischen und politischen Gesellschaft« ein, die sich basisdemokratisch selbst verwaltet und sich zur entmündigten, homogenisierten Konsumgesellschaft des Kapitalismus abgrenzt.
So bildeten sich schon vor den Aufständen in Syrien erste Räte sowie Komitees und es wurde damit begonnen, eine radikaldemokratische Organisierung zunächst der gesamten kurdischen Bevölkerung von Rojava voranzutreiben. Als dann ab dem 19. Juni 2012 nach und nach die Städte Kobanê, Afrîn, Dêrik und viele andere Orte vom Regime befreit wurden, zeigte sich die Stärke dieser Organisierung. Die Militärbasen wurden umstellt und den zahlenmäßig massiv unterlegenen Regimetruppen wurde die Möglichkeit zum Abzug gegeben. Nur in Dêrik kam es zu Kämpfen mit einigen wenigen Toten. Aber auch hier verhinderte die Selbstorganisierung Übergriffe, Zerstörungen und Racheaktionen, wie uns Menschen aus der Bevölkerung von Dêrik direkt mitteilen konnten.

Die legitime Selbstverteidigung und der »Dritte Weg«

Wenn wir diese Phase und die Politik der kurdischen Bewegung in Rojava betrachten, dann können wir auch die Umsetzung eines anderen Paradigmas des Demokratischen Konföderalismus beobachten: die Selbstverteidigung und das Primat der gewaltfreien Lösung. Die kurdische Bewegung und insbesondere die PYD organisierten schon vor der syrischen Revolution Widerstand gegen das Assad-Regime. Dabei ging es um einen demokratischen Wandel, eine Militarisierung des Konflikts sollte verhindert werden. Mit Ausbrechen des Krieges, der Islamisierung und Fremdbestimmung des syrischen Aufstands entschied sich die kurdische Bewegung in Rojava deshalb für einen dritten Weg – weder mit dem Regime noch mit der Opposition. Selbstverteidigung ja, Krieg nein, diese Politik behielt diese Bewegung bis heute bei. Deshalb werden in den von RegimeunterstützerInnen bewohnten Vierteln von Qamişlo noch Einheiten des Regimes geduldet. Dasselbe gilt für den Flughafen. Ziel ist noch immer, eine politische, demokratische Lösung für ganz Syrien zu erreichen.

Von der Kommune als Zentrum der Gesellschaft zur Organisierung von ganz Rojava

»Die Schaffung einer Plattform, auf der alle Arten von sozialen und politischen Gruppen, religiöse Gemeinschaften oder intellektuelle Tendenzen sich selbst direkt in allen lokalen Entscheidungsprozessen ausdrücken können, kann auch als partizipative Demokratie bezeichnet werden.«1
Der Demokratische Konföderalismus zielt auf die Autonomie der Gesellschaft ab, das bedeutet, dass die Perspektive nicht ist, dass der Staat die Gesellschaft verwaltet, sondern eine politisierte Gesellschaft, die sich selbst bestimmt. Er stellt damit der kapitalistischen Moderne die demokratische Moderne gegenüber. Um dies zu ermöglichen, wurde in Rojava die Kommune in den Mittelpunkt des Gesellschaftssystems gerückt. Die Kommune, das heißt die Selbstverwaltung der Straße, stellt den Mittelpunkt der Gesellschaft dar. Die Beschlüsse der Kommunen sind quotiert, das bedeutet, dass zur Entscheidungsfähigkeit, wie in allen Räten in Rojava, mindestens 40 % Frauen an der Diskussion beteiligt sein müssen. Hier werden die aktuellen Notwendigkeiten der Verwaltung, Strom- und Lebensmittelversorgung, aber auch gesellschaftliche Probleme, wie patriarchale Gewalt, Familienstreits und vieles andere diskutiert und wenn möglich gelöst. Die Kommunen haben Kommissionen, die sich mit allen gesellschaftlichen Fragen befassen. Dabei geht es von der Organisierung der Verteidigung, der Justiz, der Infrastruktur, der Jugend bis hin zur Ökonomie und dem Aufbau von eigenen Kooperativen, die von der Kommune getragen werden. Das können Bäckereien, Nähereien oder aber auch landwirtschaftliche Projekte sein. Ökologiekommissionen kümmern sich um die Sauberkeit der Stadt und ökologische Problematik. Besonders wichtig ist hier auch der Gedanke, durch Komitees für Frauenökonomie die gesellschaftliche Position der Frau zu stärken, indem Frauen eine ökonomische Unabhängigkeit entwickeln.
Bei allen Fragen steht den Kommunen das jeweilige Mala Gel, das Volkshaus, zur Seite, das sowohl Institution der Unterstützung als auch eine Form von erstinstanzlicher Gerichtsbarkeit darstellt. Dabei steht der Einigungs- und Kompensationsgedanke im Mittelpunkt, die Ursachen eines Regelverstoßes sollen untersucht und überwunden und die Opfer geschützt werden. Dies gilt für allgemeine Delikte; für patriarchale Gewalt und alle Angriffe, die Frauen betreffen, ist das Mala Jinan, das Frauenhaus, zuständig, das dem Frauenrat angeschlossen ist, der eine Parallelstruktur zum gemischten Rat der Kommune darstellt.
Wie wir selbst beobachten konnten, nehmen an den Kommunen mittlerweile Menschen unterschiedlichster Identität teil, vor allem auch AraberInnen und AssyrerInnen.
Das Mala Jinan ist ebenfalls für die Lösung gesellschaftlicher Probleme und zur Umsetzung der Ziele der Frauenfreiheitsbewegung verantwortlich.
Soweit möglich, wird in den Räten das Konsensprinzip den Abstimmungen vorgezogen. Die Kommunen entsenden ihre VertreterInnen in die jeweiligen Stadtteilräte und Stadträte.
Diese Struktur setzt sich bis in den Gesamtrat von Rojava fort.

Demokratische Autonomie und Nationalstaat

»Friedliche Koexistenz zwischen dem Nationalstaat und dem Demokratischen Konföderalismus ist möglich, solange sich der Staat nicht in zentrale Belange der Selbstverwaltung einmischt. Alle solche Interventionen würden die Selbstverteidigung der Zivilgesellschaft fordern.«2
Der Demokratische Konföderalismus ist also eine Form der Selbstverwaltung, die dem Modell von Staatlichkeit gegenübersteht. Es geht eher um einen Ansatz permanenter sozialer Revolution, die sich in jeder Facette der gesellschaftlichen Struktur widerspiegelt. Die Überwindung des Nationalstaats ist als langfristige Perspektive vorgesehen. Der Staat wird dadurch überwunden, dass auf praktischer Ebene alle Strukturen in Selbstorganisation und Selbstverwaltung übernommen werden. Weder staatliche noch territoriale Grenzen sollen dabei eine Rolle spielen.
Durch die Selbstverwaltung der Gesellschaft werden der Staat und der Nationalstaat vom Demokratischen Konföderalismus überflüssig gemacht. Das bedeutet, dass die Kommune, der Rat, die Gemeinschaft autonom in dieses Gesellschaftsmodell eingebunden sind und die Kommune das politische Zentrum ist. Als Form hat sich die Region Rojava zunächst das Schweizer kantonale Modell mit seiner weitgehenden Autonomie der Regionen gewählt. Im Idealfall entsteht der Kanton aus der Kooperation der autonomen politischen Räte. Während der Nationalstaat auf gesellschaftliche Homogenisierung durch Identitätsbildung und deren automatisch gewaltförmige Durchführung setzt, bezieht sich der Demokratische Konföderalismus auf die gesellschaftliche Vielfalt. Der Nationalstaat hat eine Blutspur durch die Weltgeschichte gezogen. Als Beispiele aus der Region seien hier nur die Arabisierungspolitik Syriens und die Türkisierungspolitik der Türkei genannt. In Syrien leben sunnitische und schiitische AraberInnen, sunnitische KurdInnen, assyrische ChristInnen, ChaldäerInnen, yezidische KurdInnen, ArmenierInnen, AramäerInnen, TschetschenInnen, TurkmenInnen und viele weitere kulturelle, religiöse oder ethnische Gruppen. Eine Repräsentanz aller dieser gesellschaftlichen Gruppen soll ebenfalls über das Rätesystem und eine entsprechende Quotierung im System erreicht werden. Die Kommune ist die Struktur der Selbstverwaltung, welche die Nachbarschaften direkt einbindet und muss daher das Zentrum der politischen Selbstverwaltung sein. Um den Organisierungsgrad der Gesellschaft dabei zu erhöhen, werden Bildungsveranstaltungen für die Mitglieder der Kommunen durchgeführt, bei denen unter anderem demokratische Selbstbestimmung und Rechte, Frauenbefreiung, Geschichte von Syrien, Geschichte von Kurdistan, Kurdischkurse und viele andere gesellschaftliche Anliegen Thema sind.
Bei unseren Reisen in die Region konnten wir feststellen, dass die von Region zu Region unterschiedlich gelungen ist. In vielen Bereichen bestehen arabische Räte und insbesondere die AssyrerInnen arbeiten sehr eng mit der Bewegung der Demokratischen Gesellschaft TEV-DEM zusammen. Zentrale Positionen werden nach System von drei oder vier Kovorsitzenden besetzt, die den gesellschaftlichen Gruppen der Region entsprechen sollen.

Oberster Rat, TEV-DEM oder doch parlamentarische Demokratie?

Während die kurdische Bevölkerung in vielen Teilen schon Jahrzehnte Erfahrung mit den Konzepten von Frauenbefreiung und gesellschaftlicher Befreiung der kurdischen Bewegung hat, gibt es in dieser Hinsicht natürlich auch Ungleichzeitigkeiten und den Wunsch, sich in klassischen Parteien und nicht in Räten zu organisieren.
Dieses Problem soll in Rojava durch eine Doppelstruktur gelöst werden. Einerseits soll ein Parlament gewählt werden, zu dem so bald wie möglich freie Wahlen unter internationaler Beobachtung stattfinden sollen. Dieses Parlament stellt eine Parallelstruktur zu den Räten dar, welches eine Übergangsregierung bilden wird, in der alle politischen und gesellschaftlichen Gruppen repräsentiert sind, während das Rätesystem eine Art Parallelparlament darstellt. Die Strukturierung und Regelung dieser Zusammenarbeit befinden sich gerade im Diskussionsprozess.

Die Kommune schließt die Lücke zwischen den Volksräten und der Bevölkerung

Mamoste Abdulselam von TEV-DEM in Heseke hatte das System der Kommunen in Heseke erklärt. »Es gab eine Lücke zwischen den Räten und der Bevölkerung, daher haben wir das Kommunesystem entwickelt«, so Mamoste Abdul. »Es gibt hier 16 Stadtteilräte. In jedem Rat sitzen 15–30 Personen. Etwa 50 Häuser bilden eine Kommune. Die Kommune wird sehr viel genutzt. Es gibt etwa 10–30 Kommunen mit 15–30 Personen pro Stadtteil. Im Stadtteil Mifte in Heseke gibt es 29 Kommunen, der Nachbarstadtteil hat 11 Kommunen – jeder Stadtteil baut sich nach dem Schlüssel von etwa 20 Kommunen pro 1000 Personen auf. Die 16 Stadtteilräte bilden sich aus den Kommunen. 101 Personen sitzen im Stadtrat von Heseke. Dazu kommen fünf VertreterInnen der PYD und jeweils fünf der anderen Parteien, fünf VertreterInnen der Organisation der Familien der Gefallenen, fünf von Yekitiya Star, fünf von der Revolutionären Jugend, fünf von den Liberalen. Die Stadtteilräte tagen normalerweise alle zwei Monate. 21 Personen werden als Koordination gewählt. Die Leitungstreffen finden einmal im Monat und bei besonderen Vorfällen statt. Immer mindestens 40 % der VertreterInnen sind Frauen und mindestens 40 % sind Männer. Entschieden wird im Konsens­prinzip. Es wird darauf geachtet, dass nicht nur eine Person redet. Die Kovorsitzenden werden gewählt. Die Leute werden von den Mitgliedern der Kommune vorgeschlagen und dann gewählt.

Die Frauenarbeit in der Kommune

Sirin Ibrahim Ömer, eine 45-jährige Frau aus dem Stadtteil Hileli in Qamişlo, hatte uns zu Beginn unseres Aufenthalts in Rojava über die Frauenarbeit in der Kommune berichtet.
»Wir sind 60 aktive Frauen in der Kommune, einmal in der Woche machen wir Bildungsarbeit, wir lesen gemeinsam Bücher und diskutieren darüber. Zweimal im Monat besuchen wir die Frauen, erklären die Aufgaben der Revolution. Viele sind sehr von der Logik des Staates beeinflusst, sie sehen sich nicht als Menschen, die selbst politisch handeln können. Sie haben sehr viele Kinder und es gibt viele Auseinandersetzungen zuhause. Die Kinder sind draußen auf der Straße und machen Mist, statt zur Schule zu gehen. Darum kümmern wir uns. Wir haben ein Komitee, das sich darum kümmert, wenn eine Familie kein Einkommen hat. Sie bekommen die Grundnahrungsmittel gestellt.
Das Friedenskomitee redet mit den Familien. Wenn es Gewalt in der Familie gibt, kann die Frau bei den Asayiş Hilfe holen. In Hileli ist das inzwischen gesellschaftlich geächtet, seine Frau zu schlagen, das hat quasi ganz aufgehört. In anderen Stadtteilen ist das teilweise noch verbreitet. Hier war es üblich, dass in den Wohnungen 24 Stunden der Fernseher lief, mit türkischen Sendungen in arabischer Sprache, das war ein großes Problem. Als es plötzlich keinen Strom mehr gab, waren die Köpfe auch frei für etwas anderes.
Viele Frauen wurden sehr jung – damit es nicht zu außerehelichen Schwangerschaften kommt – im Kindesalter verheiratet. Jetzt sehen sie, dass Bildung gut für sie ist, dass sie dann ein besseres Leben haben.
Einmal in der Woche gehen wir los, sammeln auch ein bisschen Geld ein, das ist eher eine symbolische Hilfe. Wir verteilen auch die Zeitung (Ronahi), die einmal die Woche erscheint. Sie ist sehr preiswert, damit alle sie lesen können. Sie erscheint in arabischer und kurdischer Sprache. Wenn wir jetzt zusammenkommen ist unser Thema nicht Klatsch und Tratsch, wie früher, sondern die politischen Entwicklungen und die Frauenorganisierung. Wir kennen alle hier im Stadtteil.«
In vielen Stadtteilen gibt es inzwischen sogenannte Frauenhäuser. Es sind keine Frauenfluchthäuser wie in der BRD, sondern Häuser, in denen Frauen zusammenkommen, sich gemeinsam bilden, ihre Probleme besprechen, oft werden Computer-, Sprach- oder Nähkurse angeboten.
Die wichtigste Arbeit der Frauenhäuser ist jedoch die Hilfe bei gesellschaftlichem Sexismus.
»Die Frauen kommen zu uns, wenn sie Probleme haben. Nicht nur die kurdischen Frauen, auch die arabischen Frauen«, so eine Vertreterin des Frauenhauses in Serê Kaniyê.
Wir werden selbst ZeugInnen einer solchen Anfrage. Zwei ältere arabische Frauen sind gekommen und bitten die Frauen des Frauenhauses um Hilfe. Nach einer Trennung verlangen sie Entschädigung.
»Durch das Kommunesystem kennen wir jede einzelne Familie, wir kennen die wirtschaftliche Situation der einzelnen Familien, wir wissen, wer seine Frau und seine Kinder schlägt. Wir gehen direkt dorthin und sprechen mit den Betroffenen, bis es zu einer Lösung kommt«, so die Vertreterin des Frauenhauses von Serê Kaniyê. Sie vereinbart einen Termin mit den beiden Frauen, um eine Lösung für ihre Probleme zu finden.

Die Kommune – als Ort der Konfliktlösung

Die Kommune ist nicht nur ein Ort der Selbstorganisierung, sondern auch der gesellschaftlichen Konfliktlösung. So geht es um soziale Probleme im Stadtteil, um Unterstützung von ärmeren Mitgliedern der Kommune und um die gerechte Verteilung von Brennstoff, Brot und Lebensmitteln. Konflikte, Nachbarschaftsstreits, aber auch Gewalt gegen Kinder werden auf den Treffen der Kommune verhandelt und versucht zu lösen. Als wir uns in Dêrik auf dem Treffen von VertreterInnen einer Kommune befanden, ging es beispielsweise um einen Fall in einer Familie, die ihr Kind angebunden hatte. Dies sollte nun beobachtet und kontrolliert werden. Falls die Misshandlung fortgesetzt würde, sollten die Kinder an einen geschützten Ort gebracht werden.

Fußnoten:

1 A. Öcalan: Democratic Confederalism, London 2011, S. 26

2 Ibd., S. 32

 

Kurdistan Report 174 | Juli/August 2014