Südkurdistan und Irak

Ende der 80er Jahre waren die Kurdinnen und Kurden in Südkurdistan noch genozidalen Angriffen des Regimes von Saddam Hussein ausgesetzt. Heute verfügt die Region über einen weitgehenden Autonomiestatus. Dennoch ist die Situation keineswegs stabil. Nach der Beilegung der Bedrohung durch den Islamischen Staat (IS) flammen alte Konflikte mit Bagdad wieder auf. Auch die innerkurdischen Rivalitäten zwischen PDK und YNK halten an. Die Türkei versucht weite Gebiete Südkurdistans zu besetzen. Und die Bevölkerung der ezidischen Stadt Şengal baut nach dem Genozid durch den IS ihre demokratische Autonomie auf. Wir berichten hier über die politischen Entwicklungen und die sich widersprechenden und überkreuzenden Interessen der verschiedenen politischen Akteure.
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An mehreren Fronten gleichzeitig

Der aktuelle Völkerrechtsbruch der Türkei in Südkurdistan erregt praktisch keine Aufmerksamkeit – das muss sich ändern. Ali Çiçek über Kriege ohne internationale Beachtung.

Reisebericht zum Embargo gegen Mexmûr

Im März besuchten die Bochumer Rechtsanwältinnen Besra Güler und Heike Geisweid das seit mehr als neun Monaten einem Embargo unterliegende Flüchtlingscamp Mexmûr in Südkurdistan. Nun wurde ein 32-seitiger Bericht über die Delegationsreise veröffentlicht.

Aktionstag zum fünften Jahrestag des Genozids in Şengal

Pressemitteilung des Dachverbandes des ezidischen Frauenrats e.V. zum fünften Jahrestag des Genozids und Feminizids in Şengal, 01.08.2019

Anlässlich des inzwischen fünften Jahrestages, gedenken wir mit großem Respekt den Opfern des noch andauernden Feminizids und Genozids an den EzidInnen vom 3.8.2014 in der Shengal Region durch den IS und seine Verbündeten. Wir erinnern an die verschleppten Frauen und Kinder, von denen noch immer jegliche Spur fehlt. Wir machen erneut deutlich, dass wir die verschleppten Frauen und Kinder niemals vergessen werden. Wir werden uns weiterhin für ihre Freiheit einsetzen. Denn die Freiheit der Frauen und Kinder in Shengal ist die Freiheit der …

»Jin Jiyan – Der Aufbruch«

Interview mit der Schweizer Schauspielerin und Leiterin der Volksbühne Basel, Anina Jendreyko, 29.07.2019

Im Theater Mönchengladbach fand am 6. April die Uraufführung eines Theaterstücks von Anina Jendreyko basierend auf Recherchen in Şengal und Südkurdistan statt. Das Theaterstück »Jin Jiyan – Der Aufbruch« gibt nach Angaben der Volksbühne Basel, die das Stück in Zusammenarbeit mit dem êzîdischen Frauendachverband e.V. und in Kooperation mit dem Goethe-Institut Irak produziert hat, unterschiedlichen Perspektiven der Êzîd*innen im Şengal eine Stimme zwischen Tradition und Neuaufbau. Im Mittelpunkt steht die Kraft der êzîdischen Frauen. Ein gemischtes Ensemble aus Schauspieler*innen des Gemeinschaftstheaters sowie êzîdischen und kurdischen Künstler*innen geht

Türkische Armee bombardiert Geflüchtetencamp in Südkurdistan/Nordirak

Pressemitteilung von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, 19.07.2019

Die türkische Luftwaffe hat das Flüchtlingscamp Mexmûr (Makhmour) nahe der südkurdischen Metropole Hewlêr (Erbil) bombardiert. Wie es aus dem Camp heißt, setzten mindestens drei Bombardements um 23:10 Uhr mitteleuropäischer Zeit ein. Zu Toten ist es nach bisherigem Stand nicht gekommen, zwei Menschen wurden von Erde verschüttet und leicht verletzt, da die Detonationswelle noch mehrere hundert Meter weit reichte. Zudem entstand massiver Sachschaden in den Anbauflächen und Weingärten der Bevölkerung.

In dem 1998 gegründeten Camp Mexmûr leben rund 12.000 Menschen, die in den 1990er Jahren aufgrund der Repression des türkischen Staates …

Türkische Luftangriffe in der Autonomen Region Kurdistan: Vier Zivilisten getötet

Pressemitteilung von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, 28.06.2019

Bei Luftangriffen der türkischen Armee in der Autonomen Region Kurdistan (Nordirak) sind gestern vier Zivilisten getötet worden. Die türkische Luftwaffe hat ein ziviles Siedlungsgebiet in Kortek in der südkurdischen Region Qendîl bombardiert. Bei dem gezielten Beschuss von zwei zivilen Fahrzeugen im Dorf Berd Kuran sind am Donnerstagabend vier Menschen ums Leben gekommen, fünf weitere wurden teils schwer verletzt. Unter den Opfern befinden sich auch eine Frau und ein vierjähriges Kind. Die Verletzten werden in Krankenhäusern in Ranya (Gouvernement Silêmanî/Sulaimaniya) behandelt. Der durch die Bombardierung in Kortek entstandene Flächenbrand war am …

Freiheit der Gesellschaft statt Zwang und Druck

Abid Kar über Mexmûr als Modell für ein alternatives Bildungssystem, 08.12.2018

Gerade begann für 3500 Schülerinnen und Schüler das neue Schuljahr im Camp Mexmûr (Maxmur). Im Camp Şehîd Rustem Cudi gibt es vier Grund-, zwei Mittelschulen und eine Oberschule, an denen fast 3500 Kinder und Jugendliche unterrichtet werden. Einen Tag vor Schulbeginn wurde das bevorstehende Schuljahr mit einer feierlichen Zeremonie eröffnet. Zeynep Kara, eine der Schuldirektorinnen, unterstrich in ihrer Rede anlässlich des neuen Schuljahres die Besonderheit, dass in Mexmûr der Unterricht auf Kurdisch stattfindet, in einer Sprache, die immer wieder großem Druck und Verboten ausgesetzt ist. Sie brachte die Hoffnung …

„Die südkurdischen Parteien haben große Fehler gemacht“

Teil 4 – Auszüge eines aktuellen Interviews mit Rıza Altun, Exekutivratsmitglied der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK), über die verhängnisvolle Politik der südkurdischen Parteien und das Ziel der nationalen Einheit der Kurdinnen und Kurden, 03.11.2018

Große Niederlagen der Kurdinnen und Kurden in Südkurdistan

„Während die Widersprüche im Mittleren Osten aus Sicht der Kurdinnen und Kurden eigentlich eine große Gelegenheit darstellen, haben sie sich zu einem taktischen Spielball der internationalen Mächte machen lassen. Dadurch haben sie große Niederlagen erlitten. Sie haben schlichtweg eine falsche Politik betrieben. Das müssen wir einsehen. All das ist das Ergebnis einer Haltung, mit der die eigene …

„Die Krise im Irak wird andauern“

Teil 3 – Auszüge eines aktuellen Interviews mit Rıza Altun, Exekutivratsmitglied der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK), über die anhaltende Krise im Irak, den iranisch-US-amerikanischen Kampf in der Region und die destruktive Rolle der Türkei, 30.10.2018

Probleme werden andauern

„Die Wurzeln der Probleme im Irak liegen sehr tief und sind mit der gesamten Region des Mittleren Osten verbunden. Wir sollten nicht davon ausgehen, dass der Irak demnächst wieder an Stabilität gewinnt und die Probleme des Landes gelöst werden. Der Irak spielt eine zentrale Rolle für die andauernden globalen und regionalen Kämpfe der verschiedenen Akteure, was sich in nächster Zeit noch …

Fehlverhalten und Misswirtschaft

Seyit Evran, Journalist in Silêmanî und Hewlêr, zur Lage in Südkurdistan, 10.10.2018

Wie würdest du die Situation der Gesellschaft in Südkurdistan nach dem Unabhängigkeitsreferendum vom vergangenen Jahr und dem traumatischen Verlust von Kerkûk und den anderen umstrittenen Gebieten beschreiben?

Der Angriff der irakischen Armee und der Al-Haschd-asch-Scha‘bi-Milizen auf Diyala, Mendeli, Xaneqîn, Xurmatu, Dohuk und Kerkûk (Kirkuk) am 17. Oktober nach dem Unabhängigkeitsreferendum hat die südkurdische Gesellschaft äußerst negativ beeinflusst. Die übernommenen Regionen sind kurdische Gebiete. Der irakischen Verfassung vom Jahr 2005 zufolge wurden sie als »umstrittene Gebiete« definiert und es war vorgesehen, nach zwei Jahren mithilfe eines Referendums ihre Zugehörigkeit …

Der Tanz mit dem Teufel in Bagdad

Ein Hintergrundbericht des Journalisten Fehim Taştekin über die Lage im Irak im Kontext außen- und machtpolitischer Interessen, 06.09.2018

Die Regierungsbildung im Irak! Ein Bericht darüber, wie sie aussehen könnte, ist zugleich ein Bericht über die unregierbare Lage, in die das Land durch äußere Interventionen gebracht wurde. Ein bezeichnendes regionales Beispiel für diese Situation ist der Libanon, der in einem konfessionell-religiösen System gefesselt ist. Ein System, das maximal von äußeren Mächten abhängig ist und auf einem höchst problematischen Gleichgewicht fußt: Auf der einen Seite die USA, die mit ihrer finanziellen Unterstützung Interventionsmöglichkeiten offen hält und auf der andere Seite die langen …

Regierungsbildung im Irak: Ein leichtes Unterfangen?

Der Journalist Seyit Evran über die schwierige Regierungsbildung im Irak im Kontext der zunehmenden amerikanisch-iranischen Spannungen, 28.08.2018

Am 12. Mai diesen Jahres fanden im Irak die Parlamentswahlen statt, in deren Rahmen es zu unzähligen Beschwerden über Wahlbetrug und ähnliche Mängel kam. Ein Teil der Stimmzettel wurde daraufhin erneut per Hand ausgewertet. Trotz der Betrugsvorwürfe bemühten sich zwei Blöcke um die Bildung einer neuen Regierung. Mukteda El Sadr, der an der Spitze der Sarian-Wahlliste steht, und der irakische Premierminister Haydar Abadi führten jeweils Gespräche mit der Hikme-Wahlliste von Amr Hekim, der Vattaniye-Wahlliste und der ‚Irakischen

Ein Nachruf auf Zekî Şengalî

Ein Nachruf von Robert Jarowoy auf Zekî Şengalî, 17.08.2018

Ein lieber Freund und großer Genosse ist vom türkischen Staat hinterrücks und völkerrechtswidrig in der Kurdischen Autonomieregion im Nordirak gezielt durch einen Luftschlag getötet worden. Die türkische Armeeführung und die von Erdoğan gleichgeschaltete türkische Presse jubelt über die erfolgreiche „Neutralisierung” eines „führenden PKK-Terroristen”.

Ich habe Zekî Şengalî (Ismail Özden) 1990 kennengelernt. Er war wie ich, meine Lebensgefährtin Beate Reiß, unser gemeinsamer Freund Hüseyin Celebi und viele weitere deutsche und kurdische Freunde in der norddeutschen Kurdistan-Solidarität organisatorisch aktiv. 1991 wurde er verhaftet und mit einer fadenscheinigen Anklage im sogenannten zweiten (kleinen) PKK-Prozess

Die Freiheit der Frauen in Shengal ist die Freiheit der Menschheit

Erklärung des Dachverbands des Ezidischen Frauenrats e.V. zum Jahrestags des Genozids an den Eziden, 01.08.2018

Anlässlich des inzwischen vierten Jahrestages, gedenken wir mit großem Respekt den Opfern des noch andauernden Genozids und Feminizids an den EzidInnen vom 3.8.2014 in der Shengal Region durch den sog. IS und seine Verbündeten. Wir erinnern an die verschleppten Frauen und Kinder, von denen noch immer jegliche Spur fehlt und begrüßen gleichzeitig den heldinnenhaften Widerstand der Frauenverteidigungseinheiten YJŞ. Wir machen erneut deutlich, dass wir die verschleppten Frauen und Kinder niemals vergessen werden. Wir werden uns weiterhin für ihre Freiheit einsetzen. Denn die Freiheit der Frauen …

Was ist aus der Besetzung von Bradost und Kandil geworden?

Der Journalist Seyit Evran über die Ankündigungen Erdoğans und des türkischen Staates, Bradost und Kandil in Südkurdistan zu besetzen, 28.07.2018

Seit den Wahlen in der Türkei vom 24. Juni ist etwas mehr als ein Monat vergangen. Vor den Wahlen stellte eine Besetzung von Bradost und Kandileines der zentralen Argumente in den Propagandamedien der AKP und Tayyip Erdoğans dar. Natürlich waren diese Angriffe weder außergewöhnlich, noch alleine auf Wahlpropaganda beschränkt.

Die Guerilla hat die Pläne durchkreuzt

Die Operationen sind nur vor dem Hintergrund eines größeren Plans unter Beteiligung der USA, Großbritanniens und der südkurdischen PDK zu verstehen. So wollten die USA,

Der Irak nach den Wahlen

Interview mit Navdar Sînegir, Mitglied des Außenarbeitskomitees der KCK, 26.07.2018

Am 12. Mai haben im Irak Parlamentswahlen stattgefunden. Als Sieger konnte sich die Liste »Sairun« (Wir marschieren) des schiitischen geistlichen Muqtada al-Sadr durchsetzen. Die Wahlen gelten aber weiter als umstritten. Zur Perspektive des Irak und wie die Vorschläge der kurdischen Freiheitsbewegung zur Lösung der anhaltenden Probleme des Landes aussehen, sprachen Berfîn Bagdu und Rojbîn Amed mit Navdar Sînegir, Mitglied des Außenarbeitskomitees der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK), in Behdînan.

Wie bewerten Sie die Wahlen im Irak?

Zuerst einmal ist es für die Demokratie wichtig, dass die Wahlen stattgefunden haben. In …

Die Dörfer Kandils in der Mittelostpolitik

Eine Reportage von Esma Mikyaz über ihren Aufenthalt in Kandil angesichts der Besatzungsangriffe des türkischen Staates auf Südkurdistan, 17.07.2018

Erdoğan hat mit seiner Propaganda während der Wahlphase, dass in Kandil türkische Fahnen wehen werden, vom Neuen die Macht in der Türkei gewonnen. War die Propaganda in der es hieß, dass man in Kandil einmarschieren könne, wann immer man wolle, nur auf die Wahlphase begrenzt? Die in Kandil lebenden Dorfbewohner, die ich noch vor den Wahlen traf, erklärten beharrlich, dass dies nicht der Fall sei. Ich schreibe beharrlich, weil sie mit den in der Region befindlichen Guerillas der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) …